Zahlreiche Teilnehmer folgten der Einladung der Organisatoren Karin Mandl und Ferdinand Regner zur ersten KMW-Tagung in Klosterneuburg am 27. Februar 2025. Eröffnend richteten Direktor Reinhard Eder und Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager das Wort an die Teilnehmer und sprachen über die aktuellen Herausforderungen und Entwicklungen in der österreichischen Weinbranche. Insbesondere war die Implementierung von EU-Verordnungen Thema, wodurch eine Neuaufarbeitung des Weingesetzes notwendig wird. Von Rudolf Schmid aus dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gab es einen detaillierten Überblick zu den notwendigen Adaptierungen, welche noch im ersten Halbjahr 2025 als Entwurf vorgelegt werden sollen. Das neue Weingesetz wird Neuerungen im Bereich der geschützten Ursprungsbezeichnungen sowie einige strukturelle Änderungen mit sich bringen. Geplant ist auch eine Modernisierung der Verwaltungsinfrastruktur: Die digitale Erfassung von Ernte- und Bestandsmeldungen soll in INVEKOS integriert werden. Brigitte Riener, ebenfalls vom Landwirtschaftsministerium, gab darüber hinaus Einblick in die aktuellen Entwicklungen hinsichtlich Lagenklassifizierungen. Diese wurden notwendig, nachdem Regionen eigene Richtlinien für die Vermarktung von Weinen als „Große“ oder „Erste Lage“ herausgaben und eine entsprechend einheitliche Benennung aus Sicht von Kunden nicht mehr gegeben war. Die im sog. Klassifizierungsdokument festgehaltenen Richtlinien sollen die Definition und Bezeichnung von Rieden und den daraus gewonnenen Weinen zukünftig regeln und für Einheitlichkeit in den Regionen sorgen. Nachdem hierzu im letzten Sommer von betroffenen Winzern ein Individualantrag auf Normenkontrolle gestellt wurde, muss nun ein Entscheid vom Verfassungsgerichtshof abgewartet werden.
Aus den Landwirtschaftskammern Niederösterreichs und der Steiermark gab es aktuelle Zahlen zur Verbreitung der rodungspflichtigen Goldgelben Vergilbung (Flavescence Dorée). Die Ausbreitung der Phytoplasmenerkrankung erfolgt über die einwandernde Amerikanische Rebzikade und wird seit Jahren intensiv überwacht. Josef Klement von der LK Steiermark zeigte die seit 2004 beobachtete Ausbreitung der Zikade auf, welcher fünf Jahre später erste Fälle an Goldgelber Vergilbung folgten. Im Vorjahr kam es insbesondere in der Region um Klöch zu massivem Auftreten der Krankheit und entsprechenden Rodungsmaßnahmen. Daniel Hugl von der LK Niederösterreich berichtete über die Entwicklungen in Niederösterreich: Seit ersten Sichtungen im Jahr 2021 an der tschechischen Grenze gilt die Amerikanische Rebzikade mittlerweile in grenznahen Gebieten wie Seefeld, Poysdorf und Katzelsdorf als etabliert. Im Vorjahr konnte eine besonders hohe Zahl an Überträgern festgestellt werden, allerdings testeten alle Vektor-Proben bisher noch negativ auf Vorhandensein der Phytoplasmen.
Schwerpunkt: PIWI-Rebsorten
Der Vormarsch der pilzwiderstandsfähigen Rebsorten ist ein sich immer deutlicher abzeichnender Trend in der Weinbranche. Viele der zunehmend erfolgreichen Sorten stammen aus der hauseigenen Abteilung für Rebenzüchtung in Klosterneuburg. Institutsleiter und Tagungsmitorganisator Ferdinand Regner war selbst federführend an der Entstehung erfolgreicher neuer Sorten wie Donauveltliner, Donauriesling und Pinot Nova beteiligt.
Mittlerweile stellen PIWIs zwei Prozent der österreichischen Rebfläche dar, so Regner – Tendenz steigend. Im Detail sind dies Roesler (282ha), Blütenmuskateller (123ha), Muscaris (97ha), Donauriesling (79), Souvignier Gris (76ha), Donauveltliner (62ha), Rathay (53ha), Cabernet Blanc (24ha), Bronner, Pinot Nova und Cabernet Jura (je 17ha) sowie Solaris (10ha). In Deutschland sind laut PIWI-International-Präsident Wolfgang Patzwahl die Sorten Cabernet Blanc, Solaris, Souvignier Gris, Johanniter, Muscaris und Regent am weitesten verbreitet. Sie verzeichnen teils deutliche Flächenzuwächse. In der Schweiz werden neben der populärsten Sorte Divico ebenfalls die PIWIs Cabernet Jura, Johanniter, Souvignier Gris, Solaris, Regent und Muscaris zunehmend gepflanzt. Regner gab Einblicke zu den Resistenzen und Eigenschaften vielversprechender neuer Klosterneuburger PIWI-Züchtungen wie Veltlonner, Burgerina, Pinot Nova und Royalny, welche teilweise bereits pflanzbar sind beziehungsweise in deutsche Sortenlisten aufgenommen wurden.
PIWI-Internatinal-Präsident Patzwahl strich insbesondere die herausragenden Chancen hervor, welche die neuen Sorten hinsichtlich der Umweltziele der Europäischen Union sowie in der weinbaulichen Praxis bringen (Stichworte Green Deal und Reduktion von Pflanzenschutzmitteln). Die ökologischen Vorteile der PIWIs lägen auf der Hand und zeigen entsprechendes Potenzial in der Vermarktung. Martin Mehofer, Abteilungsleiter Weinbau in Klosterneuburg, konnte die signifikanten Vorteile bestätigen, welche PIWIs in der weinbaulichen Praxis bringen. Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass die Aufwände für Pflanzenschutzmittel bei diesen Sorten um bis zu 38% reduziert werden können, ohne die Traubenqualität negativ zu beeinflussen. Bei integrierter Produktion sind das konkret 3–5 Ausbringungen pro Vegetationsperiode anstatt der regulären 6–8 Behandlungen. Für Bio-Produktion liegen die Erfahrungswerte bei 5–6 Applikationen anstatt der üblichen 8–12. Generell wird von sehr gesunden Trauben berichtet – ein Umstand, der auch vom Tagungsteilnehmer Franz Arndorfer von den Winzern Krems hervorgestrichen wurde, wo PIWI-Weine mittlerweile zum Sortiment gehören.
Zur Akzeptanz von PIWI-Sorten unter den Kunden sind an diesem Tag unterschiedliche Stimmen zu hören. Ein bekannter Kritikpunkt betrifft die teils wenig stimmigen Namen sowie die allgemeinen Schwierigkeiten, wenig bekannte Sorten am Markt zu etablieren. Einigkeit herrschte darüber, dass die Namensgebung ein wesentlicher Punkt ist, der den Erfolg einer Sorte bedeutend mitentscheidet. Deutlich positiv werden die Klosterneuburger PIWI-Sorten Donauveltliner und Donauriesling wahrgenommen, welche auch önologisch überzeugen und mittlerweile in Österreich als Rebsorten für die Qualitätsweinproduktion zugelassen sind. Zur Kundenakzeptanz der neuen Sorten zitierte Patzwahl eine Untersuchung aus Deutschland welche nahelegt, dass insbesondere die Kommunikation und Wissensvermittlung um die Hintergründe zu den PIWIs essenziell ist, um diese entsprechend vermarkten zu können. Dadurch könne die Kauf- und Zahlungsbereitschaft bei Weinkunden sogar steigen.
Die Vortragende Mackie-Haas teilte Beobachtungen zu Kundenreaktionen aus der Schweiz mit den Tagungsteilnehmern. Gerade in kleinen Betrieben und unter jungen Kunden würden die neuen Sorten durchaus akzeptiert. Gezielte Aufklärung über PIWI-Sorten hätte keine signifikanten Änderungen in der Akzeptanz gebracht – wichtiger seien der Wein selbst und das Weingut. Berührungsängste von Kunden mit neuen Sorten können mitunter auch gezielt umgangen werden, warf Harald Scheiblhofer, Abteilungsleiter für Kellerwirtschaft der HBLAWO, später ein. Neben dem reinsortigen Ausbau ist der Verschnitt in Cuvées eine gangbare Möglichkeit um PIWIs abzusetzen ohne sie gezielt zu benennen und erklären zu müssen.
Gemeinsam mit Christian Philipp, Abteilungsleiter Chemie Forschung, gab er Einblicke in die Erfahrungen mit PIWIs in der önologischen Verarbeitung in Klosterneuburg. Insbesondere wurden mögliche Neigungen zu UTA oder Petrol untersucht. Kathleen Mackie-Haas vom Eidgenössischen Departement Agroscope berichtete über Erfahrungen in der Schweiz. Die Ergebnisse der Forscher legen nahe, dass keine generellen Aussagen zu Unterschieden zwischen PIWIs und traditionellen Rebsorten gemacht werden können. Neben der individuellen Sortenabhängigkeit sind hinlänglich bekannte Faktoren in Produktion und Verarbeitung die deutlich relevanteren Aspekte. Die Kleinbeerigkeit bzw. dickere Schalen sind hingegen eine häufige Eigenschaft von robusten Sorten, welche die Pilzwiderstandsfähigkeit erhöht und zu höheren Gehalten von Gerbstoffen führen kann. Generell konnte bisher vor allem im Bereich der leichten, fruchtigen Weißweine Erfahrungen mit den neuen Sorten gesammelt werden.
Die abschließende kommentierte Verkostung verschiedener PIWI-Weine der HBLAWO, teils aus Mikrovinifizierungen gewonnen, teils im regulären Verkauf erhältlich, wurde durch einige Weine der Winzer Krems ergänzt und zeigte eindrücklich das Potenzial der neuen Sorten auf. Vom Landesweingut Retz gab es zudem eine spannende Vergleichsverkostung unterschiedlicher Hefen.