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Strategien in Zeiten des Klimawandels

Ein Artikel von DI Daniela Dejnega | 08.04.2019 - 13:25
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Sabine Bauer-Wolf, Harald Scheiblhofer, Erhard Kührer, Stefanie Renner, Wilfried Hartl, Ferdinand Regner, Georg Thünauer, Leonhard Steinbauer, Emmerich Knoll, Franz Rosner und Florian Haas (v. l.) © OekosozialesForum/Fischer

Das Thema „Rebenbewässerung“ griff Erhard Kührer, stellv. Direktor der Wein- & Obstbauschule Krems, auf und präsentierte Untersuchungen, die am Loibenberg in der Wachau durchgeführt wurden. Dabei verglich man Varianten von Grünem Veltliner mit und ohne Bewässerung. Kührer betonte, dass frühmorgendliche Wasser­potenzialsmessungen sehr gute Informationen über Trockenstress lieferten, um so den genauen Zeitpunkt einer notwendigen Bewässerung zu bestimmen. Er bezeichnete die Tröpfchen-Bewässerung als äußerst flexibles und geeignetes Instrument zur Minderung von Trockenstress. Ertragsausfälle könnten so reduziert, die Traubenqualität könnte gesichert und die Vitalität der Reben gefördert werden. Die Untersuchungsergebnisse hätten zudem sensorische Vorteile in den Weinen der bewässerten Variante aufgezeigt.

Der Frage, wo und wann Bewässerung von Weingärten sinnvoll wird, widmete sich im Anschluss auch Wilfried Hartl (Bioforschung Austria). Laut Hartl braucht ein tiefgründiger Boden generell keine Bewässerung, auf seichtgründigen Schwarzerden sehe die Sache mitunter anders aus. „Winzer müssen auf jeden Einzelfall abgestimmt agieren und die richtige Begrünung zum richtigen Zeitpunkt einsetzen“, hob Hartl hervor.

Sortenwandel im Klimawandel?

Ferdinand Regner, Leiter der Abteilung Rebenzüchtung an der HBLA und BA Klosterneuburg, teilte seine Einschätzungen zum Thema „Erfolgreiche Klimawandelanpassung durch Rebenzüchtung“ mit. Er bestätigte, dass die Landwirtschaft ein Mitverursacher der Klimaerhitzung sei, erklärte aber, dass er den Weinbau weniger als Verursacher, sondern mehr als Geschädigten sehe. Die Anpassung der Rebsorten sei eine sehr langfristige Strategie. Dennoch sei bereits zu bemerken, dass spät reifende Sorten wie Riesling oder Cabernet Sauvignon stärker ausgepflanzt werden, während die Winzer an der Auspflanzung früh reifender Sorten kaum noch Interesse zeigten.

Der Jahrgang 2018, der vielerorts üppige und breite Weine hervorgebracht habe, deute bereits auf die Gefahr eines Identitätsverlusts beim österreichischen Weißwein hin, erklärte Regner und gab unter anderem einen Denkanstoß zur aktuell vorangetriebenen Lagenklassifikation: „Man sollte sich die Frage stellen, ob auf den nun identifizierten Toplagen in zehn Jahren überhaupt noch Wein wachsen wird! Ist gar der Grüne Veltliner in Gefahr?“ Generell empfahl er den Winzern eine Streuung der Rebsorten, auch um den Druck in der Erntezeit ein wenig zu mildern.

Bei den Keltertrauben, die unter den veränderten Bedingungen eine bessere Performance als andere zeigen, nannte Regner Blütenmuskateller, Furmint, Goldmuskateller, Roter Veltliner, Rotgipfler, Welschriesling und Zierfandler. Diese Sorten könnten auch für Gebiete in Österreich, wo sie aktuell nicht vorhanden sind, wieder interessant werden. Auch vergessene Rebsorten wie Heunisch, Österreichisch Weiß und Silberweiß könnten angesichts der Klimaerhitzung wieder mehr Bedeutung erlangen.

Veränderungen bei Unterlagen

Die Unterlagenwahl bezeichnete Regner als mittelfristige Strategie, um dem Klimawandel zu begegnen. „Beim Thema „Unterlagen“ steht nicht länger die Anpassung an den Bodentypus im Vordergrund, sondern in Zukunft werden Unterlagen je nach Wasserverfügbarkeit ausgewählt werden“, sagte Regner. Erfahrungen aus südlichen Regionen in Spanien und Südfrankreich könnten dabei von großem Nutzen sein. Die reifeverzögernde Wirkung der Rupestris × Berlandieri-Kreuzungen muss nicht länger als Nachteil gesehen werden. Unterlagen wie Ruggeri 140 und Richter 110 werden nach Regners Einschätzung vermehrt zum Einsatz kommen; Kober 5BB und 1103 Paulsen werden weiterhin funktionieren.

Aus der Praxis geplaudert

Welche Herausforderungen der Klimawandel für den Keller bringt, stellte Harald Scheiblhofer vom Institut für Weinbau, HBLA und BA Klosterneuburg, dar. Er berichtete, dass bestimmte Schönungsmittel aufgrund veränderter Gerbstoffzusammensetzungen nicht mehr funktionierten und zum Beispiel Mostgelatine bei höheren Temperaturen nicht immer gute Ergebnisse brächte. Weiters bezeichnete Scheiblhofer den pH-Wert als ganz entscheidenden Parameter, den heutzutage jeder Winzer berücksichtigen müsse.

Als Best-Practice-Beispiel stellte dann Georg Thünauer, Leiter des Bio-Weinguts Thünauer und Weinbausprecher bei Bio Ernte Steiermark, seinen auf Piwi-Sorten spezialisierten Betrieb vor, den er seit 1993 biologisch bewirtschaftet. Bereits vor 20 Jahren entdeckte Thünauer Piwi-Sorten als zukunftstaugliche Alternative und arbeitet heute auf 1,6 Hektar sowohl mit den Rotweinsorten Regent, Cabernet Jura und Pinot Nova als auch mit den Weißweinsorten Muscaris, Bronner und Souvignier Gris. „Auf guten Lagen ist kaum Pflanzenschutz notwendig, auf schlechten aber sehr wohl“, berichtete Thünauer von -seinen Erfahrungen. Komplett ohne Pflanzenschutzmaßnahmen kam er im in der Steiermark extrem niederschlagsreichen Jahr 2018 bei der Sorte Regent aus. Er ortet im Piwi-Anbau angesichts der ständig steigenden Veredelungszahlen keineswegs einen kurzfristigen Trend, sondern eine beständige Nische mit vielen Möglichkeiten.

Steigende Spätfrostgefahr

Zur Frage „Wie kann ich meine Reben vor Frost schützen?“ referierte Leonhard Steinbauer,
Leiter der Versuchsstation Obst- und Weinbau Haidegg. Als präventive Maßnahme nannte Steinbauer die Sortenwahl, bei welcher man auch die Fruchtbarkeit der Beiaugen beachten sollte. Als Akut-Maßnahmen gegen Spätfrost können Frostheizung und/oder Luftumwälzung zum Einsatz kommen. Die Versuchsstation Haidegg hat zur Luftumwälzung Windmaschinen getestet. Die Windmaschinen saugen die wärmere Luft in der Höhe an und verdrängen damit die Kaltluftseen aus den Weingärten. Sie seien relativ kostengünstig, allerdings sehr laut und bei Windfrost hätten sie keine Wirkung. „Generell haben wir mit den Windmaschinen gute Erfahrungen gemacht. Es ist aber essenziell, zwischen Strahlungsfrost und Windfrost zu unterscheiden, denn die Ergebnisse eines Gebietes sind auf ein anderes Gebiet –
wo andere Verhältnisse herrschen – kaum übertragbar“, erklärte Steinbauer.

Bei Versuchen mit Frostkerzen wurden die Brenndauer, der Brennwert und die Rußentwicklung verschiedener Marken überprüft. Manche hielten dabei nicht, was sie versprachen. „Vor allem die Rußentwicklung war bei einigen katastrophal“, so Steinbauer, der unter breiter Zustimmung der übrigen Vortragenden hervorhob, dass das Räuchern als Maßnahme gegen Frostschäden eine Zumutung ist – zum Teil waren Rauchgasvergiftungen die Folge.

Mit oder ohne Bewässerung

Dass man bei der Umsetzung eines Bewässerungsprojekts besonders auf die Rentabilität achten sollte, erklärte im Anschluss fachkundig der Wachauer Winzer Emmerich Knoll. In der Wachau sei der Bewässerungsbau der 1980er Jahre existenzsichernd gewesen. Aber nicht nur die Errichtungskosten, auch die jährlichen Fixkosten, deren Höhe von der Kompliziertheit der Anlage abhinge, müssten in die Berechnung der Wirtschaftlichkeit miteinbezogen werden.

Wie Weinproduktion ohne Bewässerung funktionieren kann, erläuterte abschließend Stefanie Renner vom Weingut Renner & rennersistas in Gols und stellte klar, dass Dauerbegrünung mit flexiblem Begrünungsmanagement auch im niederschlagsarmen Burgenland (500 – 600 mm pro Jahr) möglich ist. Renner: „In trockenen Phasen wird die Dauerbegrünung mit dem Greenmanager unterschnitten. Im Zentrum steht das ausgeglichene Wachstum der Rebe.“ Um dieses zu erreichen, seien ein kurzer Rebschnitt, das Traubenteilen bzw. Ausdünnen und das Wickeln der Triebe (statt Gipfeln) geeignete Maßnahmen. Eigener Kompost und die Begrünung fördern die Humusanreicherung zur Verbesserung der Puffer- und Wasserspeicherkapazität der Böden.

Anschaulich präsentierte die Biowinzerin ihr Best-Practice-Beispiel: „Bei unserem Auspflanzprojekt 2017 sind wir gänzlich ohne Bewässerung ausgekommen. Die kräuterbetonte Begrünungsmischung mit hohem Leguminosenanteil war zwar zu Beginn im Wuchs höher als die jungen Reben selbst, es wurde dennoch nie gemäht, sondern nur gewalzt. Manche Nachbarn rätselten, ob wir hier tatsächlich Reben angepflanzt hätten … Aber die Entwicklung verlief trotz allem gut und bereits im Jahr 2018 zeigten die Reben ein schönes Bild. So können wir das Projekt definitiv als gelungen bezeichnen.“ #