Kirschessigfliege
Dr. Roland Zelger, Amtsdirektor für Versuchswesen in Laimburg/Südtirol, berichtete über das Auftreten des neu eingeschleppten Obstschädlings, der Kirschessigfliege (Drosophila suzukii). In Südtirol wurden erste Schäden in Obstanlagen im Trentino 2009 beobachtet. Seither breitet sich die aus Asien kommende Fliege mehr und mehr in Mitteleuropa aus. Vor allem bei Kirsche und Beerenobst kam es 2011 lokal zu einem Befall von bis zu 100% in den Anlagen. Das Auftreten des Schadens ist dabei stark witterungsabhängig, wobei sich dieser in Weinbaugebieten eher später abzuzeichnen scheint. Milde Winter und feuchte Witterung haben laut Dr. Zelger einen großen Einfluss auf die Populationsdichte. Der Befall von Kirschen erfolgt bereits Ende Juni (bei 15–20% Ausfall), bei Beerenobst ist dieser generell etwas später zu verzeichnen (Juli/August), wobei auch hier aufgezeigt wurde, dass, je länger man mit der Ernte zuwartet, desto größer der Schaden durch die Fliege ist. Speziell bei Trauben dürfte sich das Insekt eher an den Rotweinsorten bei der Eiablage orientieren.
Die Biologie des Tieres
Die Fliege muss sich vor Frost schützen, vor allem die Brut. Dies sei die kritische Phase. Hier wäre es laut Zelger am sinnvollsten, in den Vermehrungszyklus einzugreifen. Unweit des Versuchzentrums Laimburg wurde hauptsächlich in milden Wintern ein großer Befall an Eiablagen, die speziell an Waldrändern in der Nähe von bevorzugten Obstkulturen standen, beobachtet. Ebenso wurde beobachtet, dass eine Wanderung der Fliege von Gebiet zu Gebiet (in Schwärmen) ausgeschlossen werden kann. Es macht eher den Anschein, dass wenige oder einzelne Tiere eine Population aufbauen. Die (beschädigte) Frucht wird nach Farbe und Geruch ausgewählt.
Dr. Zelger weist darauf hin, dass Weißweinsorten nicht so gefährdet sind, da sie nicht primär als Wirtspflanze im Fokus des Schädlings stehen. Allerdings ist auch dies witterungs- und standortabhängig. Das belegen die Jahre 2011 und 2014, in denen die Kirschessigfliege sehr
wohl Weißweintrauben angegriffen hat, im Besonderen die Sorte Müller-Thurgau.
Abhilfe und Bekämpfung
Prinzipiell unterscheidet man zwischen zwei Strategien: Objektschutz und Populationsregulierung. Erstere bezieht sich auf die Reduzierung der Entwicklungsstadien und ist mit beachtlichen Kosten und einem erhöhten Arbeitsaufwand verbunden (engmaschige Netze über der Kultur). Letztere greift das Befallsgebiet auf. Dabei soll nach dem Auftreten der ersten Schadensfälle mit der Bekämpfung im herkömmlichen Sinn (Spritzung) begonnen werden. Käfigversuche im Labor wurden mit dem Wirkstoff Spinosad durchgeführt und dabei wurden gute Ergebnisse erzielt. Der Wirkstoff wird aus dem Bakterium Saccharopolyspora spinosa fermentativ gewonnen und ist im biologischen Landbau zugelassen (BIO E605). Im Fall der Kirschessigfliege wurde dieser Wirkstoff auf Blätter und Trauben aufgetragen und stellt somit ein Fraß- und Kontaktmittel dar. Dabei werden die Hefen, die sich auf der Oberfläche der Kulturpflanze befinden und als Nahrung des Schädlings dienen, benetzt. Einmal vom Schädling aufgenommen, setzt es seine Wirkung auf das Nervensystem fort. Der Behandlungszeitpunkt richtet sich nach dem Monitoring – wenn die erste Fliege gesichtet wird. Diese Überwachung kann leicht mittels Fallen (Droso-Trap) erfolgen. Diese werden mit einer Fangflüssigkeit aus Apfelessig befüllt. Dabei können die männlichen Tiere leichter durch ihre dunklen Flecken auf den Flügeln erkannt werden.
Erkennen des Behandlungszeitraums
Dr. Norbert Metz von der Herstellerfirma Dow AgroSciences übernahm das Wort, in dessen Vortrag die Bekämpfung des Schädlings im Vordergrund stand. Dr. Metz führte aus: „Die Behandlung sollte bei der Eiablage beginnen (richtiges Monitoring), frühestens ab 11°KMW. Bei frühen Rotweinsorten sollten Fangfallen aufgehängt werden, um den ersten Befall zu entdecken. Speziell im Weinbau muss die erste Behandlung Anfang August erfolgen, dabei sind zwei Behandlungen im Jahr zugelassen. Bei der Applikation ist der Wirkstoff eher auf die Laubwand anstatt in die Traubenzone aufzutragen, da die Wirkstoffaufnahme über die auf den Blättern haftenden Hefen erfolgt. Hierbei empfiehlt der Pflanzenschutzexperte die Anwendung von SpinTor®, ein Insektizid mit dem Wirkstoff Spinosad. Obacht ist allerdings während der Ausbringung bei übermäßiger UV-Einstrahlung (zügigerer Abbau des Produktes) und bei Schlechtwetter gegeben (Abwaschung durch Regen).
Fazit:
- Weinbauliche Maßnahmen, wie ordnungsgemäße Bodenpflege, als gute Prophylaxe.
- Monitoring im Weingarten durch Fangfallen empfehlenswert und damit Finden des optimalen Anwendungszeitpunktes vor der Eiablage der Fliege.
- Befall stark witterungsabhängig. Kühl-feuchte Wetterlagen wirken begünstigend.
- SpinTor zeigt in allen Kulturen eine gute Wirkung und ist auch in der biologischen Landwirtschaft zugelassen (wirkt allerdings auch toxisch auf Bienen!).
Kupfer als Pflanzenschutzmittel
Dr. Karin Weitbrecht vom Staatlichen Institut Freiburg, nahe dem Dreiländereck, hielt im Anschluss einen kurzen Vortrag über Kupfer. Kupfer hat schon eine lange Tradition im Weinbau. Es wurde 1885 in Frankreich zufällig entdeckt und gilt als ältestes Pflanzenschutzmittel im Weinbau. „Cuprum“ wirkt in höheren Dosen allerdings toxisch auf den Organismus – was Paracelsus schon wusste: Die Dosis macht’s letzten Endes aus. Kupfer ist ein Spurenelement und dient als Kofaktor in Enzymen, die mit Sauerstoff und Wasserstoffperoxid reagieren und ein hohes Redoxpotenzial benötigen. Vor allem in den Mitochondrien (Kraftwerke der Zelle) und in vielen sauerstoffreduzierenden Enzymen ist Kupfer ein wichtiges Element.
Wie wirkt eigentlich das ausgebrachte Kupfer?
Kupfer wirkt als Kontaktfungizid gegen Peronospora. Dieser auch unter Falschem Mehltau bekannte Eipilz bildet im Rebblatt ein Mycel aus. Der Pilz wächst zwischen den Zellen. Die Wirkung des Kupfers auf den Schadpilz erfolgt an Zoosporen und Sporangien, hierbei werden bis zu 50% der Sporangien bereits vor dem Auskeimen abgetötet. Kupfer wirkt auf Zoosporen und Sporangien. Dabei schädigen Kupfer-Ionen die Zellmembran und Wasser strömt in die Zelle, bis sie letztendlich platzt.
Dazu präsentierte die Fachfrau verschiedene Kombinationen von Präparaten, die in Peronospora-infizierten „Testweingärten“ appliziert wurden. Dabei stellte sich heraus, dass eine Kombination von Kupfer mit Phosphonaten in guten Jahren eine ähnliche Wirkung erzielen kann wie ein organisches Kontaktfungizid, z.B. Folpet. Kupferpräparate ohne Zusätze schnitten am schlechtesten ab. Bereits der Zusatz von Netzschwefel verbesserte die Wirkung.
Fazit:
- Kupfer wird als Resistenzbrecher und zur Abschlussspritzung mit wenigen Nebenwirkungen im Keller angewendet, weil es keine Aromawirkung auf den fertigen Wein ausübt (außer bei Sauvignon Blanc).
- Kupfer ist im Biologischen Weinbau zurzeit unverzichtbar.
- Mischstoffe können die Mengen an ausgebrachtem Kupfer minimieren.
- Kupfer widerspricht dem ökologischen Gedanken im Hinblick auf den Kupfereintrag im Weingarten, der mit der Zeit ansteigt.
Zum Abschluss präsentierten Johann Andert und Martin Kaiser von Kwidza Agro Produktneuheiten im Weinbau. Vorgestellt wurden die Pflanzenschutzmittel Vegas (mit neuer Wirkstoffklasse Cyflufenamid) und Talendo Extra (ebenfalls mit neuem Wirkstoff) gegen Echten Mehltau sowie Veriphos, ein protektiv und kurativ wirkendes Fungizid mit dem Wirkstoff Kalium-Phosphonat zur Bekämpfung des Falschen Mehltaus.