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Auf dem biodynamischen Weg

Ein Artikel von DI Daniela Dejnega | 07.03.2016 - 11:38

Zum Demeter-Tag im Atriumhaus des Weinguts Sepp Moser – Niki Moser stellte seinen ­Betrieb ab 2006 auf biodynamische Bewirtschaftung um und ist einer der ersten ­Demeter-Winzer Österreichs – kamen rund 100 interessierte Gäste, viele davon Demeter-Landwirte und solche, die es (vielleicht) noch werden wollen.

Der Tag begann mit dem Vortrag der Französin Margarethe Chapelle, die international als Koryphäe im ­Bereich der Kupferchloridkristalli­sation gilt. Dies ist eine bildschaffende Methode zur Qualitätsbeurteilung von Sub­stanzen, vor allem von Lebensmitteln. Die Analyse-Bilder weisen proben­spezifische Strukturen und Farben auf. So macht das Verfahren z.B. den direkten Vergleich von konventionell und biologisch erzeugten Lebensmitteln möglich und verdeutlicht strukturelle Unterschiede auf, welche auf die Vitalität des Lebensmittels hinweisen. Margarethe Chapelle zeigte zahlreiche Bildbeispiele von untersuchten Weinen, die dies nachvollziehbar machten. Durch langjährige Erfahrung könne sie anhand des Bildes den Zustand des ­Weines beurteilen, bestimmte Vorzeichen erkennen und quasi „vorhersehen“, was ein Wein zur Erhaltung seiner Vitalität benötige, so Chapelle. Sie berät Weingüter auf der ganzen Welt. 

Pro Mostoxidation

Über SO2-Reduktion und Sauerstoff (O2) sprach im Anschluss der anerkannte deutsche Önologe Volker Schneider, der sich als Anhänger der Mostoxidation bei Weißwein outete und betonte: „Die Oxidation des Mostes hat gewisse Vorteile für die aro­matische Qualität und die Haltbarkeit des Weines; sie ist eine Investition in die Zukunft des Weines.“ Natürlich dürfe man Mostoxidation nicht mit Weinoxidation verwechseln. „Die Mostoxidation ist eine enzymatische Oxidation, bei der es zur Ausflockung flavonoider Phenole und damit zu einer Minderung der Gerbstoffe kommt. Weine aus oxidierten Mosten bräunen auch ohne Jungweinschwefelung nicht. Die Weinoxidation ist hingegen eine chemische und nicht spezifische Oxidation, bei welcher störendes Peroxid (H2O2) entsteht.“ Schneider nannte allerdings die Sorte Sauvignon Blanc als Beispiel, wo es Mostoxidation zu vermeiden gelte: „Hier werden die für die reife Frucht­aromatik verantwortlichen Thiole zerstört, die grünen Aromen hingegen bleiben bestehen.“ 
  Er setzte fort: „Während der Gärung werden die Weichen für die späteren Gehalte an freier und gebundener SO2 gestellt. Sauerstoffzufuhr während der Gärung optimiert die Gärkinetik und verringert SO2-bindende Gärnebenprodukte, denn O2 wird von der Hefe aufgenommen; es kommt nicht zur Oxidation des Weines.“ Hefezellen im Jungwein hätten auch nach der Gärung positive Eigenschaften. Sie würden die chemische Oxidation des Weines verhindern, indem sie O2 konsumieren – solange sie nicht durch SO2 inaktiviert würden. „Das ist ein Entweder-oder – man muss sich entscheiden! Die Reduktionskraft der Hefe ist auch nach einem Jahr noch vorhanden“, betonte Schneider. Schließlich wären die Stabilität der freien SO2 und der Sauerstoffeinfluss beim Abfüllen entscheidend. „Die Größe des Kopfraumes der Flasche ist unter Schraubverschluss größer; inertisieren ist daher sinnvoll“, so Schneider. 

Abgrenzung von der Bio-Industrie

Die abschließende Podiumsdiskussion zum Thema „Demeter-Wein – Nischendasein oder große Zukunft?“ moderierte der Journalist Roland Graf. Annemarie Foidl, Präsidentin des Österreichischen Sommelierverbands, eröffnete: „Demeter ist ein starkes Logo, das immer mehr von den Konsumenten verstanden wird und Sicherheit ausstrahlt.“ Hier stimmte auch der Stuttgarter Weinhändler Bernd Kreis zu: „Im Bereich Bio-Wein, der in meinem Sortiment ca. 60% ausmacht, zieht der Demeter-Begriff am besten. Die Kunden verbinden damit Qualität.“
  Der Wagramer Winzer Hans Diwald, einer der österreichischen Bioweinbau-Pioniere, will dennoch auch in Zukunft „nur bio“ bleiben. Er sieht Demeter als Minderheitenprogramm und äußerte Zweifel an der Wirksamkeit von Tees und Präparaten. Doch empfahl er jedem Winzer, selbst zu experimentieren und den eigenen Weg zu finden. Die Bio-Szene wachse jedenfalls unaufhaltsam. „Langsam kommen die konventionellen Winzer in einen gewissen Rechtfertigungsdruck, zu erklären, warum sie noch nicht ‚bio‘ sind“, zeigte sich Diwald zufrieden. 
  Patrick Meyer, Demeter-Winzer aus dem Elsass (Domaine Julien Meyer), erzählte aus Frankreich: „Ab 1995 ­haben viele große und bekannte Häuser mit biodynamischer Bewirtschaftung angefangen, z.B. Romanée-Conti in Burgund. Dies hatte großen Einfluss – Presse und Sommeliers reagierten sehr positiv darauf. Heute wird in Frankreich von bestimmten Journalisten und Verkostern Biodynamie fast gefordert.“ Annemarie Foidl gab zu, dass das Thema in der österreichischen Sommelier-Ausbildung noch ein wenig zu kurz komme. Für die Gastronomie sei immer noch der Winzer selbst die wichtigste Quelle für Informationen zur Weinproduktion. Wie biodynamischer Wein schmeckt, sei am Gast immer nur indivi­duell erklärbar. Bernd Kreis gab zu bedenken: „Für Demeter wäre die Abgrenzung von der Bio-Industrie wichtig. Den Unterschied zwischen ‚bio‘ und ‚biodynamisch‘ halte ich für größer als jenen zwischen ‚bio‘ und ‚konventionell‘. Dennoch hat Wein immer mit Genuss zu tun – Dogmatik ist hier fehl am Platz.“

Demeter im Überblick


Demeter ist die älteste Vereinigung in der Bio-Landwirtschaft und auch die einzige weltumspannende Organisation biologisch arbeitender Landwirte. Seit 1924 arbeiten Demeter-Bauern nach den biologisch-dynamischen Richtlinien und bewirtschaften heute in 50 Ländern an die 160.000 ha. In Österreich gibt es aktuell rund 180 Demeter-Bauern (ca. 6.000 ha; Stand 2014) – davon sind
45 Winzer, die etwas mehr als 400 ha Weingärten bewirtschaften – ca. 10% der Bio-Weinbaufläche Österreichs.  Was unterscheidet biodynamisch von biologisch? Biologisch-dynamisch (kurz: bio­dynamisch) befolgt alle Regelungen von biologisch-organischer Produktion („bio“) nach der EU-Verordnung, geht aber in vielen Bereichen darüber hinaus. Die wesentlichsten Merkmale sind der geschlossene Kreislauf am Hof (durch eigene Tierhaltung und Kompostwirtschaft bzw. durch Betriebs-Kooperationen), das Arbeiten mit der Natur nach kosmischen Rhythmen und die Anwendung der biodynamischen Präparate „Hornmist“ und „Hornkiesel“, die in Kuhhörnern reifen und in Wasser verdünnt, ähnlich der Homöopathie, in Kleinstmengen auf Boden und Reben ausgebracht werden. So soll das Bodenleben gefördert und die Vitalität der Pflanzen gestärkt werden. Das Finden eines natürlichen Gleichgewichts, welches allen Lebewesen das Überleben ermöglicht, ist essenziell.
 Der Ursprung der Demeter-Bewirtschaftung liegt im „Landwirtschaft­lichen Kurs“ von Rudolf Steiner. Es handelt sich um ein ganzheitliches Konzept, in welches der ganze Hof einbezogen wird. Einzelne Teilbe­reiche oder Kulturen konventionell oder „nur“ biologisch zu bewirtschaften, ist nicht möglich. 
 Noch ist die Gruppe der zertifi­zierten Demeter-Winzer klein, doch die Anhängerschaft unter den österreichischen Weinbauern wächst. Die Philosophie von Demeter steht der industriellen Weinproduktion diametral gegenüber. Man kehrt dem konventionellen Weg der Weinbereitung den Rücken und setzt auf eine Weiterentwicklung in Richtung umweltschonenderes Wirtschaften – auf der Suche nach mehr Authentizität und verstärkter Individualität der Weine.  Demeter im Weingarten 

  • Keine synthetischen und systemischen Pflanzenschutzmittel, keine Herbizide, 
  • Förderung der größtmöglichen Biodiversität, vielfältige Gründüngung, 
  • keine Mineralstoffdünger, ausschließlich organische, meist Kompostdüngung, 
  • Impulse für Boden und Rebe durch die biodynamischen Präparate „Hornmist“ und „Hornkiesel“ sowie durch verschiedene Kompostpräparate zur Harmonisierung des Bodens, 
  • Miteinbeziehung der kosmischen Kräfte zur Unterstützung von Wachstum und Reife, 
  • Traubenlese ausschließlich manuell. 
Demeter im Keller 
  • Restriktive Vinifizierungs-Richt­linien, 
  • geringstmögliche Intervention im Keller, Credo „Weniger ist mehr!“, 
  • ausschließlich spontane Vergärung, 
  • Verzicht auf Maßnahmen und Zusätze (z.B. dürfen als Schönungsmittel ausschließlich Bentonit und Aktivkohle pflanzlichen Ursprungs eingesetzt werden), 
  • niedriger Schwefelgehalt, 
  • vegane Weine, 
  • weniger für den schnellen Konsum gedachte Weine.