Achtung bei Alkoholausbeute und KMW-Messung 2015

Ein Artikel von red. | 21.09.2015 - 00:29

Die lange Hitzeperiode im Sommer und die daraus folgenden niedrigen Säuregehalte in vielen Gebieten wirken sich heuer zum Teil stark auf die Zuckermessung im Most aus. Üblicherweise findet in Österreich die Zuckermessung nach wie vor mittels Refraktometer statt. Die Zuckergrade werden dabei in Grad KMW angegeben. Die „Idee“ hinter der Klosterneuburger Mostwaage (KMW) ist folgende: Im Gegensatz zur Messung der gesamten Trockensubstanz (also Zucker, Säuren und andere gelöste Stoffe im Wein) und der Angabe dieser Summe an gelöster Trockensubstanz in Brix, wird bei der Angabe von KMW nur der im Most enthaltene Anteil der Zuckerstoffe angegeben. 20 Grad Brix entsprechen ziemlich exakt 17 Grad KMW. Die 3 Grad Differenz zwischen diesen beiden Angaben (Brix und KMW) sind die sogenannten Nichtzuckerstoffe. Die KMW-Definition geht davon aus, dass im Most 17 Teilen Zucker immer 3 Teile Nicht-Zuckerstoffe (und hier vor allem Säure) gegenüberstehen. Der Zuckeranteil wird daher nur angenommen (berechnet), aber nicht direkt gemessen. Wenn jetzt der Säuregehalt nicht im „angenommenen“ Bereich liegt, stimmt das Zucker-Säureverhältnis von 17:3 nicht und der theoretische Zuckerwert entspricht nicht dem tatsächlichen Zuckerwert. Bei geringen Säurewerten ist daher der tatsächliche Zucker zum Teil deutlich höher als es der theoretische Wert annehmen lässt. Teilweise bekannt ist dieses „Problem“ in der Praxis bei der Anreicherung. Wird mit reinem Zucker angereichert, erhöht sich der Zuckerwert im Most laut Refraktometer scheinbar nicht um den berechneten KMW-Wert, sondern um weniger. Da im reinen Zucker die drei Teile Nicht-Zucker-Stoffe fehlen, wird ein scheinbar zu geringer KMW-Wert nach der Anreicherung angezeigt.
 Abweichungen von 10 bis 20%Wie groß der Fehler durch eine hohe Reife, fehlende Säure und andere Faktoren nun konkret ist, lässt sich nur schwer abschätzen. In Summe kann der „Fehler“ zu Abweichungen von 10 bis 20 % führen. Dies führt in letzter Konsequenz natürlich auch zu (unerwartet) hohen Alkoholgehalten. Am besten ist, die ersten fertigen Weine zu analysieren und dann abzuschätzen, wie groß die Abweichung im aktuellen Jahrgang ist. Dies ist aber für die ersten Weine eines Jahrganges meist noch keine große Hilfe, aber es hilft zumindest für den „2. Teil“ der Ernte. Übrigens gilt dieser „Messfehler“ auch in der „umgekehrten“ Richtung. Bei sehr unreifen Trauben, ist der theoretische Zuckerwert dann höher als der tatsächliche Wert, da die hohe Säure in den unreifen Trauben als Zucker interpretiert wird. Ein extrem saurer und unreifer Most mit gerade einmal 15 KMW (laut Refraktometer) kann dann bei der Rückrechnung unter 15 KMW fallen.
 Andere Messmethoden wie Dichtemessung (mittels Spindel oder Biegeschwinger) oder die Verwendung anderer Maßeinheiten wie Brix oder Oechsle ändern nichts an der Problematik, dass hier in allen Fällen nicht der Zucker direkt bestimmt wird, sondern der Zucker indirekt (z.B. aus der Dichte) berechnet wird. Nur eine (in der Praxis schwer zu realisierende) direkte Zuckerbestimmung würde exakte Vorhersagen über den zu erwartenden Alkohol erlauben. Auch die immer öfter benutzte,  sogenannte FTIR-Messung ist eine indirekte Zuckermessung und liefert im Most auch nicht immer zuverlässige Zuckerwerte.
 Die Problematik der unerwartet hohen Alkoholausbeuten wird aber auch noch durch eine ganz andere Thematik verschärft. Niedrige Gärtemperaturen führen zu geringeren Alkoholverlusten und dementsprechend höheren Alkoholausbeuten. Auch das sollte vom Winzer berücksichtigt werden.
 Die „Erfindung der Klosterneuburger Mostwaage“ ist schon „einige“ Jahre her. In dieser Zeit waren auf Grund von Anbautechnik und Klima die Reifegrade der Trauben meist nicht so hoch wie heute. In dieser Zeit wurde auch das Verhältnis von 17:3 festgelegt. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass es daher jetzt in „normalen“ Jahren zu leicht erhöhten und in sehr „warmen“ Jahren wie z.B. 2011 und 2012 zu deutlich erhöhten Alkoholausbeuten im Vergleich zu den aus dem mittels Refraktometer gemessenen KMW-Werten berechneten Gehalten kommt. Dies führt dann auch dazu, dass bei der Rückrechnung ein höherer KMW-Wert als erwartet resultiert. Dies ist zwar manchmal etwas „unangenehm“, andererseits ist man als Winzer eher auf der „sicheren Seite“ und eine „knappe“ Spätlese oder ein knapper „Qualitätswein“ geht sich bei der Rückrechnung (bei der Prüfnummer) dann fast immer trotzdem aus. Wirklich zu schätzen wissen das viele Winzer aber erst in schwierigen und  weniger reifen Jahren wie 2010 und 2014, wo die gemessenen KMW-Werte dann trotzdem den erwarteten Alkoholgehalt bringen und auch mit den rückgerechneten KMW-Werten ganz gut zusammenpassen.
 DI H. Scheiblhofer