BGLD. WEINBAUVERBAND

Große Herausforderungen in der Weinbranche

Ein Artikel von DI Walter Kaltzin | 12.09.2024 - 13:29
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Weinlese-Tour von Weinbauverband und Weinbaupolitik im Agerlhof der Familie Wetschka in Jois/Bgld. (v.l.): Bgld.-Weinbaupräsident Andreas Liegenfeld, Präsident der Bgld. Landwirtschaftskammer Burgenland Nikolaus Berlakovich, Österreichische Weinkönigin und Jungwinzerin Hannah Wetschka aus Jois mit Bundes-Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager und Obmann von Wein Burgenland Herbert Oschep  © LK Bgld. / Tesch-Wessely

Bei der heurigen Weinlese-Tour machte sich Landwirtschaftskammerpräsident Nikolaus Berlakovich gemeinsam mit dem Österreichischen Weinbaupräsidenten Johannes Schmuckenschlager, dem Burgenländischen Weinbaupräsidenten Andreas Liegenfeld und Wein-Burgenland-Obmann Herbert Oschep ein Bild über die aktuelle Lage in zwei burgenländischen Weinbaubetrieben. Mit dabei Experten des österreichischen und burgenländischen Weinbauverbandes und der Landwirtschaftskammern, des Bundesamtes für Weinbau und des Landwirtschaftsministeriums. Erste Station war das Weingut Agerlhof der Familie Wetschka in Jois, die zweite das Weingut Bayer-Erbhof in Donnerskirchen.

Österreichweit rund 2 Mio. hl Wein erwartet

„Die Winzerinnen und Winzer haben wieder ihr Bestes gegeben, um gesunde Trauben zu erzeugen. Die aufgrund der Witterung weit fortgeschrittene Reife machte einen so frühen Lesebeginn notwendig, um ein harmonisches Zucker-Säure-Verhältnis zu erhalten“, resümierte WB-Präsident Schmuckenschlager und zeigte sich hinsichtlich der Qualität der Trauben sehr zufrieden. Besonders entgegen komme der heurige Jahrgang den Rotweintrauben. Die erwartete Weinmenge werde deutlich unter dem Durchschnitt der letzten Jahre liegen, erklärte Schmuckenschlager.

Im Burgenland rund 20 Prozent weniger Wein

Mit dem Beginn der Weinernte um rund zwei bis drei Wochen früher als sonst, kann man bereits jetzt von einem tollen Jahrgang sprechen, aber die Erntemenge der rund 2.480 burgenländischen Weinbaubetriebe werde aufgrund des Wetters um rund 20 Prozent geringer ausfallen. Dazu Weinbau-Präsident Liegenfeld: „Im nördlichen Burgenland ist die Weinernte zum Großteil, bis auf die höheren Prädikatsweine und manche Top-Rotweine, abgeschlossen. Im mittleren und südlichen Burgenland wird noch mehr gelesen. Wie prognostiziert liegt die Erntemenge aufgrund des geringeren Traubenansatzes und wegen Verrieselungsschäden während der Blüte unter dem Durchschnitt. Dies ist ebenso eine Folge der Hitzeperiode des Sommers, da die Beerendurchmesser geringer sind und damit die Mostausbeute vielfach niedriger ist als in normalen Jahren. Qualitativ darf man sich wieder auf einen hervorragenden Jahrgang freuen“.

Europaweite Maßnahmen gefordert

Der Wein ist das Aushängeschild der burgenländischen Landwirtschaft. Wie in anderen landwirtschaftlichen Branchen hat auch die Weinwirtschaft große Herausforderungen. Europaweit habe sich das Konsumverhalten geändert und es gebe neue gesellschaftliche Trends, die zu verminderten Weinkonsum führen. „Dazu kommt, dass die Kosten der Betriebsmittel nach wie vor hoch sind, aber die Weinpreise niedrig“, betonte Liegenfeld. „Zusammen bedroht dies die Existenz von Weinbaubetrieben. Seit Monaten führen wir diesbezüglich Gespräche mit führenden Stellen bis hin zum Landwirtschaftsminister, um Lösungsansätze für die Weinbranche auszuarbeiten. Auch auf EU-Ebene wird über Maßnahmen diskutiert und an Vorschlägen gearbeitet. Wir wissen, dass die derzeitige Situation für viele Winzerinnen und Winzer hart ist, deshalb sind wir dran, um hier Maßnahmen zu setzen, um die heimischen Betriebe zu unterstützen“, betonte LK-Präsident Nikolaus Berlakovich.

Auch der Verein Wein Burgenland nahm Stellung: „Als Obmann der Wein Burgenland bin ich sehr stolz auf die burgenländischen Winzerinnen und Winzer. Unser gemeinsames Ziel ist es, das Burgenland in den nächsten Jahren zur attraktivsten weintouristischen Region Europas zu entwickeln.“

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Seit fast zwei Jahrzehnten Fokus auf Rosé-Weine – damit die Farbenwelt sichtbar wird, kommen helle Flaschen zum Einsatz (Weingut Agerlhof Wetschka, Jois) © W. Kaltzin

Bunte Rosé-Farben im Weingut Agerlhof Wetschka

In Rahmen der Fachgespräche konnten sich auch die Betriebsführer der beiden Top-Weinbautriebe einbringen. Das Weingut Agerlhof der Familie Wetschka, Heimat der derzeitigen Öst. Weinkönigin Hannah I., setzt bereits seit mehr als 15 Jahren auf Rosé-Weine, um sich von den anderen Betrieben im Ort abzugrenzen. Mittlerweile sind sieben verschiedene Roséweine im Programm. Damit die Vielfalt deutlich zum Ausdruck kommt, werden die Weine in helle Flaschen gefüllt. „Rosés von leicht bis kräftig, von trocken bis süß und auch im Barrique – da ist für jeden ein Rosé dabei“ erläuterte Jungwinzerin Hannah überzeugend. Im Betrieb wird auf Handlese gesetzt, Blaufränkisch und Merlot warten noch auf die Lese. Beim Vertrieb spielen die Gästezimmer eine wichtige Rolle, der Abhof-Verkauf wird mit etwa 30% beziffert. 

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Begrüßung der weinbaulichen Delegation im Weingut Erbhof Bayer in Donnerskirchen: Die Lese konnte hier noch vor der großen Regenfront abgeschlossen werden © W. Kaltzin

Turbolese im Weingut Bayer-Erbhof

Im zweiten Betrieb, dem Weingut Bayer-Erbhof in Donnerskirchen, ein Familienbetrieb seit 1741, wurde die Lese bereits beendet. Dafür verantwortlich eine Turbolese, die die beiden Jungübernehmer Michael und Josef geschafft haben. Man sei bis an die körperlichen und psychischen Grenzen gegangen, betonen die engagierten Winzer. Um die Reife- bzw. Zuckerentwicklung nicht ausarten zu lassen, gab es frühmorgens eine Maschinenlese und vormittags die Handernte. Die ersten Jungweine erreichen heuer trotzdem fast 13 Vol.%, die Ausbeute sei überraschend gut gewesen. Eine Serie von je drei Weißburgundern und Chardonnays zeigte die beeindruckende Betriebsphilosophie. Im Keller stehen Investitionen an, diese werden in den nächsten Jahren angegangen.

Die Natur gibt

Das Thema Weinkonsum und höhere Alkoholgehalte des Jahrgangs 2024 war in beiden Betrieben präsent. In den Diskussionen war man sich einig: Die Natur gibt, doch die Gesellschaft will weniger. Eine Herausforderung in der Zukunft, sollten solche Jahrgänge die Regel werden.