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Alle gegen den Naturkork? Mancher Konkurrent hat sich bereits verabschiedet, einige sind geblieben und haben eine Nische gefunden. Als Marktführer gilt in Österreich der Schraubverschluss aus Aluminium. Eine hohe Marktdurchdringung gibt es vor allem im unteren und mittleren Preissegment.

Gelöste Verschluss-Fragen?

Ein Artikel von DI Daniela Dejnega | 05.02.2016 - 10:20

Die „Verschluss-Frage“ ist ein bleibendes Thema in der Weinwelt. Der Schraubverschluss ist praktisch, der Glasverschluss elegant und der Naturkork der traditionelle Klassiker. Andere Alternativen wie Kunststoffe, Glastwister und technische Korke nehmen lediglich eine Nischen­funktion ein. Ohne Zweifel hat sich der Schraubverschluss (auch: Drehverschluss) im Laufe der Jahre in der Praxis bewährt. Er dichtet Weinflaschen vollkommen ab, ist einfach in der Handhabung und verringert die Wahrscheinlichkeit von Ausfällen durch Korkgeschmack wesentlich. Die Weinkonsumenten akzeptieren den Schraubverschluss auch immer mehr bei höherwertigen Weinen. Dennoch verliert der Naturkork keineswegs seine Berechtigung.

Gut verschraubt

Letztlich entscheidet der Winzer über die Art des Weinverschlusses. Während Mitte der 2000er Jahre bei den österreichischen Winzern noch Unsicherheit herrschte, welcher Verschluss nun für welchen Wein der richtige ist, und ob der Kunde den Schraubverschluss akzeptieren wird, ist man heute sicherer bei der Wahl.

„Das Thema ‚Schraubverschluss‘ ist im LEH vor einigen Jahren ein ­großes gewesen“, meint auch Herbert Toifl, Geschäftsführer von Wegen­stein (REWE), „aktuell stellt sich die Frage aber nicht – der Schraubverschluss hat sich durchgesetzt, ohne Wenn und Aber.“ Es gäbe im LEH-Basissegment grundsätzlich nur mehr Schraubverschlüsse. Vereinzelt kämen Naturkorken vor, die aber – wenn es um österreichische Qualitätsweine geht – fast durchgehend von namhaften Winzern, die Lagen-Qualitäten im LEH anbieten, stammen. „Die Ergebnisse der Qualitäts­sicherung zeigen, dass es bei Schraubverschlüssen weniger Beanstandungen gibt“, bestätigt Herbert Toifl.

Naturkork für Top-Qualitäten

Nicht zuletzt weil die in Österreich erhältliche Korkqualität über viele Jahre zu wünschen übrig ließ, hat sich der Drehverschluss bei Weißweinen weitgehend durchgesetzt. Die Top-Weine eines Weinguts, Lagen-Weine oder Reserven werden allerdings oft weiterhin mit Naturkork verschlossen. „Gerade Winzer mit Gastronomiekunden in Westösterreich setzen im Top-Bereich weiter auf Naturkork, da der Schraubverschluss im Westen weniger beliebt ist als im Osten des Landes“, gibt Martin Feichtner, Einkäufer bei der Weinfachhandelskette „Wein & Co“, zu bedenken. Auch im Export hätten es Weine mit Naturkork oft leichter.

Trotzdem spielt Österreich beim Schraubverschluss eine Vorreiterrolle in Europa. In Deutschland hat der Anteil an Schraubverschlüssen in den vergangenen Jahren zwar deutlich zugenommen, aber in den großen traditionellen Weinbauländern Europas, wie Frankreich, Italien und Spanien, ist der Naturkork weiterhin unangefochten. „Aus diesen Ländern haben wir kaum Weine mit Schraubverschluss im Sortiment“, bestätigt auch Martin Feichtner, „aus dem einfachen Grund, weil es nur sehr wenige gibt. In den Ländern der ‚Neuen Welt‘ ­hingegen sind Alternativverschlüsse häufig.“

Für die Gastronomie besitzt der Schraubverschluss reichlich Pluspunkte. Das Öffnen der Flasche geht schneller und es gibt weniger Korkton bzw. damit verbundene Reklamationen. Auch für den glasweisen Ausschank ist der Drehverschluss mit ­seiner guten Wiederverschließbarkeit praktisch und die Flaschenvariationen sind nach einigen Jahren Lagerung geringer. Robert Brandhofer, Chef der Weinbar und Vinothek „Pub Klemo“ im 5. Wiener Bezirk, bestätigt: „Wenn der Winzer mich fragt, ob ich einen Wein lieber mit Schrauber oder mit Naturkork kaufen möchte, weil er beides im Angebot hat, werde ich mich immer für den Schraub­verschluss entscheiden. Allerdings“, überlegt er weiter, „kommt es schon vor, dass beim Einkaufen im Shop manche Kunden Weinen mit Schraubverschluss ablehnend gegenüberstehen – vor allem bei Rotwein. Ein Kork symbolisiert immer noch ein hochwertigeres Produkt.“

Reifeunterschiede

Sollen Rotweine jung und fruchtig genossen werden, stellt der Drehverschluss für österreichische Winzer durchaus eine Alternative dar. Im höherwertigen Bereich ist der Einsatz aber umstritten und nicht die Regel, denn aus einigen Jahren Erfahrung weiß man, dass die Weine viel lang­samer reifen und auch die Tannine mitunter kantig bleiben.

„Viele Sommeliers, die ich kenne, stehen dem Verschluss offen gegenüber. In der Gastronomie wird speziell im Bankett-Bereich der Glas- oder Schraubverschluss bevorzugt“, sagt Gerhard Elze, Diplom-Sommelier und Weinakademiker, und betont außerdem: „Bei besonders teuren Weinen, wenn diese auch noch gelagert werden, ist natürlich der Korkverschluss im Bewusstsein ganz oben ­anzusiedeln. Das Dekantieren des Weines ist ein Zeremoniell und die Flasche vor dem Gast zu öffnen, ist mit Kork einfach eleganter.“ In der Sommellerie gäbe es nun kaum noch Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland – der Schraubverschluss sei in beiden Ländern gut ­akzeptiert.

Eine Vergleichsverkostung von gereiften Weinen mit unterschiedlichen Verschlüssen beim „Sommelier Summit 2015“, dem Treffen der deutschsprachigen Sommelier-Szene in Deidesheim, brachte für Gerhard Elze folgende Erkenntnisse: „Die Weine mit Glas- und Schraubverschluss waren in der Regel um vieles jugend­licher. Die mit Kork verschlossenen Weine waren in der Reife und Komplexität für mich in einer schöneren Verfassung. Die Flaschenunterschiede waren bei einigen Weinen sehr deutlich, aber es gab schon in der Vorbe­reitung auch Korkfehler.“

Umgestiegen

Der optisch und haptisch sehr ansprechende Glasverschluss konnte sich am Markt weniger behaupten als ursprünglich erwartet. „Er ist zwar eine sehr elegante Lösung, wurde aber oft aus Kostengründen wieder von einer anderen Variante ersetzt“, erklärt Martin Feichtner, Wein & Co. Herbert Toifl, Wegenstein/REWE, stellt Ähnliches fest: „Glasverschlüsse kommen nur vereinzelt zum Einsatz; diese sind eher als Wiedererkennungsmerkmal einzelner Winzer zu sehen.“

Weine mit Kunststoff-Verschluss hingegen haben in der Vergangenheit oft gezeigt, dass sie um vieles schneller reifen. „Kunststoffstopfen haben sich daher nicht durchgesetzt und ­haben kaum Bedeutung, auch nicht im LEH“, so Toifl. Die neueste Generation von Kunststoff-Verschlüssen hat in Sachen Durchlässigkeit Ver­besserung gebracht und wirbt mit ­Produkten, die für jeden Weintyp die passende Sauerstofftransferrate aufweisen und auch bessere CO2-Bilanzen aufweisen sollen. Die Vorurteile sind aber geblieben.

Den Umstieg von Naturkork zu Schraubverschluss im Lauf der letzten 15 Jahre könne man als „kompletten Umbruch“ bezeichnen, jetzt sei aber der Anteil an Schraubverschluss für österreichische Weine ausgereizt und stabil. Zuwachsraten seien aber in den traditionellen Weinländern Eu­ropas zu erwarten.

Fazit

Der Verschlussmarkt bietet nach wie vor eine große Auswahl an Möglichkeiten, den Wein zu verschließen. Dennoch dürften sich die Marktanteile einzelner Verschlüsse in Österreich kaum mehr wesentlich verschieben. Da der Verschluss Teil des Erscheinungsbildes der Weinflasche ist, stellt er aus Marketingsicht mehr als nur einen reinen Verschluss dar, sodass manche Winzer hier bewusst Akzente setzen.