LEITARTIKEL 04-2024

Wein und Gesundheit

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 08.04.2024 - 10:42

Da kommt im Radio Ö3 ein Langlebigkeitsforscher zu Wort, der postuliert, dass Personen, die drei Tage lang ein Glas Wein konsumieren, vierzehn Tage brauchen, bis sich der Körper davon wieder erholt. Dann kommt im ZIB 2 eine Suchtexpertin zu Wort, die Alkohol überhaupt als gefährlichste Droge einstuft. Sie sieht dabei auch keine Toleranz beim Konsum, denn Alkohol sei ein Zellgift und daher sei jeder Schluck Alkohol einmal grundsätzlich abzulehnen. Und zuletzt dann in der Tageszeitung „Kurier“ die Schlagzeile, „Alkohol ist ein Knochengift“ mit darunter groß abgebildetem Schockbild. Die Liste ist sicher nicht vollständig und die Tendenz wird mir von Berufskollegen anderer Länder durchaus bestätigt: Alkohol-Bashing ist in letzter Zeit augenscheinlich mehr geworden. Ein Schelm, der jetzt denkt, dass dies im Zusammenhang mit der derzeitigen europäischen Diskussion über Warnhinweise auf Alkoholflaschen stehen könnte.

Selbstverständlich ist Alkohol ein Genussmittel, mit dem verantwortungsvoll umgegangen werden muss. Als Branche sind wir selbstverständlich dazu aufgerufen, gegen den missbräuchlichen Umgang mit Alkohol aufzutreten. Was aber abzulehnen ist, ist die immer wieder vorgenommene Pauschalierung bei der Beurteilung des Umganges mit Alkohol. Denn gerade beim Konsum von Alkohol ist zwischen moderatem Konsum und missbräuchlichem Konsum zu unterscheiden. Die europäische Weinwirtschaft versucht z.B., mit einer internationalen Plattform (www.wineinmoderation.eu) den Konsumenten über den richtigen Umgang mit Wein aufzuklären.

Genauso pauschalierend wie bei der Dosis werden auch alle alkoholischen Getränke in einen Topf geworfen, und zwar nach dem Motto, das einzig Bestimmende ist der enthaltene Alkohol. Dabei gibt es eine Fülle von anderen Inhaltsstoffen mit je nach alkoholischem Produkt unterschiedlichen Wirkungen. Gerade beim Naturprodukt Wein gibt es unzählige wissenschaftliche Studien, die der besonderen Zusammensetzung des Weines auch im Hinblick auf bestimmte Inhaltsstoffe durchaus gesundheitsfördernde Wirkung zugestehen (selbstverständlich nur, wenn moderat konsumiert wird). In den 90ern des abgelaufenen Jahrhunderts hat sich die Wissenschaft mit Erkenntnissen zum Thema „Wein und Gesundheit“ geradezu überschlagen. Das Schlagwort „French Paradoxon“ steht mittlerweile als Platzhalter, wenn es darum geht, die außerordentliche Vielzahl an Erkenntnissen des positiven Einflusses moderaten (gemäßigten) Weinkonsums auf die Vermeidung von Herzkreislauferkrankungen zu beschreiben. Der Vergleich amerikanischer mit französischen Ess- und Trinkgewohnheiten war einer der ersten, die „Kopenhagen Studie“ eine der umfangreichsten Studien (13.000 Probanden über 12 Jahre) zu diesem Thema. Mittlerweile gibt es unzählige Studien und Erkenntnisse zu diesem Thema sowie zu anderen Krankheitsbildern. Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang der positive Einfluss der Weinphenole durch Bindung von freien Radikalen im Körper sowie ganz allgemein der positive Einfluss von Wein auf das allgemeine Wohlbefinden. Erkenntnisse, die vom deutschen Ernährungswissenschaftler Nicolai Worm in seinem Buch „Täglich Wein“ umfangreich dargestellt wurden. Aber auch jetzt gibt es laufend wissenschaftliche Publikationen zum Thema „Wein und Gesundheit“. Am besten dargestellt wird der Zusammenhang zwischen Abstinenz, moderatem und übermäßigem Weinkonsum mit der sogenannten J-Kurve (siehe Abbildung). Kernaussage: Bis zu einem bestimmten Weinkonsum pro Tag gibt es positive Effekte auf die Gesundheit, bezogen auf bestimmte Krankheiten.