Leitartikel 09-2024

Sehr frühes Weinjahr 2024

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 06.09.2024 - 12:43

Im Burgenland findet seit letzter Augustwoche bereits die Hauptlese statt, in Niederösterreich, Wien und auch schon in der Steiermark seit Anfang September.

Sehr Wechselhafter Witterungsverlauf 2024 

Der Witterungsverlauf 2024 ist der Grund für die außergewöhnlich frühe Ernte. Im Gegensatz zum Vorjahr gab es im heurigen Winter bereits ausreichend Niederschläge, wobei die Wintermonate ab Jänner für die Jahreszeit zu warm waren. Ein weiterhin warmer Frühlingsbeginn und fast schon sommerliche Temperaturen Anfang April verursachten einen sehr frühen Rebaustrieb, drei Wochen früher als im Durchschnitt der Jahre. Ein früher Austrieb beinhaltet immer auch die Gefahr von Spätfrostschäden, die bis zirka Mitte Mai jederzeit auftreten können. Und tatsächlich kam es in der zweiten Aprilhälfte in ganz Österreich zu mehreren Spätfrostereignissen. Die Betroffenheit war aber sehr unterschiedlich. Waren in den meisten Gebieten eher nur punktuell tiefe Lagen und teilweise Junganlagen vom Frost geschädigt, so war das Schadensausmaß in Teilen der Thermenregion, des Kamptals und der Wachau doch deutlich höher. 

Aufgrund des frühen Rebaustriebes fand auch die Blüte entsprechend früher statt. So begann die Rebblüte vielerorts in der letzten Mai-Woche und fand in den ersten beiden Juni-Wochen ihren Abschluss. Aufgrund wichtiger Niederschläge, die in der zweiten Mai- und ersten Junihälfte angefallen sind, kam es in manchen Gebieten teilweise zu einer verzettelten Rebblüte und teilweise auch zu Verrieselungsschäden. 

Auch der Gesunderhaltung der Reben war zu diesem wichtigen und empfindlichen Vegetationszeitpunkt besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Ab Mitte Juni begannen die ersten Hitzeperioden mit Temperaturen über 30° Celcius, was zu einem sehr raschen Vegetationsfortschritt und Beerenwachstum bis hin zum Traubenschluss führte. Aufgrund der anhaltenden Hitzeperioden im Juli und August setzte der Reifebeginn bereits sehr früh ein und schritt zügig voran. Grund dafür war auch die gute Wasserversorgung aus dem Frühjahr, wobei die Niederschläge während des Sommers sehr unterschiedlich waren. In manchen Gebieten gab es während des Sommers praktisch keine nennenswerten Niederschläge. Andere Gebiete wiederum waren sehr gut versorgt (Raum Krems). 

Bedauerlicherweise mussten im heurigen Jahr doch auch wieder einige Unwetterereignisse mit starkem Hagelschlag verzeichnet werden. So gab es Hagelschäden zum Beispiel am Neusiedlersee in Neusiedl, Gols und Podersdorf, im südburgenländischen Güssing sowie in einigen steirischen Weinbaugebieten wie Leibnitz, Deutschlandsberg und dem Hartberger Raum. In der zweiten Augusthälfte folgten starke Unwetter im Raum Hollabrunn und massiver Hagelschlag auf dem Wiener Nussberg. 

Mengenmäßig unterdurchschnittliche Ernte 

Mengenmäßig muss im heurigen Jahr von einer unterdurchschnittlichen Erntemenge im Vergleich zum Vorjahr, aber auch im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen Jahre ausgegangen werden. Der Traubenansatz war in vielen Anlagen heuer geringer, punktuell gab es Spätfrostschäden, aber auch Verrieselungsschäden während der Blüte. Durch die Hitzeperioden des Sommers sind die Beerendurchmesser und damit die Mostausbeute vielfach geringer als in normalen Jahren. Die Hagelereignisse sind für die betroffenen Gebiete zwar bitter, haben aber auf die Gesamtweinernte meist nur geringen Einfluss. Nach Rückfragen in den Gebieten wird im heurigen Jahr eine Weinernte von rund 2,0 Mio. Hektoliter erwartet. Das liegt um 15% unter der ohnehin nicht großen Vorjahresernte. 

Harmonische Weißweine, dichte Rotweine

Was die Qualität der Trauben betrifft, so waren die Trauben aufgrund der Witterung sehr gesund und in der Reife bereits weit fortgeschritten. Um ein harmonisches Zucker-Säure-Verhältnis zu erhalten, war bei vielen Sorten und in den meisten Gebieten ein früher Lesebeginn notwendig. Wir können uns daher auf einen reifen, harmonischen Wein-Jahrgang freuen, der punktuell vielleicht auch etwas kräftiger ausfallen wird. Besonders entgegen kommt der heurige Jahrgang den Rotweintrauben. Aufgrund der kleinbeerigen, tiefdunklen und konzentrierten Trauben ist von dichten, vollreifen Rotweinen auszugehen.