Leitartikel 05-2024

Wein als wichtiger EU-Wirtschaftsfaktor

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 15.05.2024 - 16:39
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Der Weinbau ist nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der EU, sondern trägt auch aktiv zur Erhaltung der Kulturlandschaft bei © pixabay/Bonat

Auf 3,2 Mio. Hektar produzieren die europäischen Winzer Trauben zu einem Produktionswert von 30 Mrd. Euro. Mit der Verarbeitung der Trauben zu Wein, der Reifung, Abfüllung und Bereitstellung der Weine steigert sich der Produktionswert auf 50 Mrd. Euro. Mit der Vermarktung der Weine durch die Weinbaubetriebe, den Großhandel bis hin zum Off-Trade und On-Trade steigert sich der Marktwert des europäischen Weines auf 100 Mrd. Euro.

Wein bringt Wertschöpfung

Mit den bezahlten Löhnen, Steuern und Gewinnen, auch unter Berücksichtigung der indirekten Beiträge durch die vor- und nachgelagerte Industrie sowie durch induzierte Effekte, leistet die europäische Weinwirtschaft einen Beitrag zum EU-Bruttoinlandsprodukt in der Höhe von 130 Mrd. Euro. Dies macht zwar nur 0,8% des gesamten BIP der EU aus, stellt aber fast die Hälfte der gesamten Bruttowertschöpfung des EU-Primärsektors einschließlich des Bereichs Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei dar. Was die Außenhandelsbilanz des europäischen Weinsektors betrifft, so steht Letzterer für eine positive Handelsbilanz von knapp 16 Mrd. Euro. Ohne diesen positiven Beitrag des Weines wäre das Handelsbilanzdefizit der EU im Jahre 2022 um 3,7% höher gewesen. Wertmäßig steht der Wein für das zweitwichtigste landwirtschaftliche Exportgut der EU.

Wein als Arbeitgeber

Die Weinwirtschaft ist auch ein enorm wichtiger Arbeitgeber, insbesondere in ländlichen Gebieten. Direkt und indirekt beschäftigt die europäische Weinwirtschaft im Jahre 2022 2,9 Mio. Arbeitnehmer. Dies ist auch der Grund, weshalb ländliche Regionen der EU mit funktionierender Weinwirtschaft ihre Bevölkerungsanteile halten können und nicht massiv von Landflucht betroffen sind wie andere ländliche Gebiete. Der Beitrag des Weines für den Tourismus vieler ländlicher Gebiete, der ein Schlüsselelement für viele ländliche Gebiete darstellt, ist enorm. Rund 36 Mio. Touristen können als Wein-Touristen in der EU identifiziert werden, die ca. 1,1 Mrd. Euro direkt in den Weinbaubetrieben ausgeben und 15 Mrd. Euro an Nächtigung, Transport, Gastronomie etc. hinterlassen. Was den Bereich Forschung und Entwicklung betrifft, so entfällt auf die Weinwirtschaft ein Beitrag von 1,1 Mrd. Euro. Wenn die Steuerlast der europäischen Weinwirtschaft des direkten und indirekten Bereichs hochgerechnet wird, so steht die Weinwirtschaft für ein Steueraufkommen an Körperschaftssteuern, Lohnsteuern, Sozialabgaben, speziellen Weinsteuern und Umsatzsteuern in der Höhe von 52 Mrd. Euro.

Wein und kulturelle Identität

Die Weinwirtschaft stellt also einen bedeutenden wirtschaftlichen Faktor für Europa und seine Regionen dar. Ein weiterer Grund  für den Stellenwert des Weinbaues in und für Europa ist auch die historische Dimension, die der Weinbau in den Regionen einst gespielt hat. Dazu zählen die Anbaugebiete mit ihren Böden und Rebsorten – und damit verbunden ihr landwirtschaftliches Erbe – wie auch die Weinbautraditionen, die das soziale Gefüge in den Regionen und damit auch die Bedeutung für die kulturelle Identität Europas prägen. All dies sollten sich vor allem auch jene Kräfte vor Augen halten, deren einziges Ziel es ist, Alkohol- und damit auch Weinkonsum in Europa zu verunglimpfen (siehe auch letzten Leitartikel).