Die Europäische Union ist der größte Weinproduzent, der größte Weinkonsument, der größte Weinexporteur und der größte Weinimporteur. Aus kulturgeschichtlichen Gründen ist das „Abendland“ intensiv mit dem Produkt Wein verbunden, nicht nur in der Produktion, sondern auch im Konsum. Das hat sehr viel mit Tradition und gesellschaftlicher Akzeptanz des „Kulturgutes“ Wein zu tun. Derzeit exportiert die EU rund 20 Millionen Hektoliter Wein nach Drittlandstaaten und importiert rund 14 Millionen Hektoliter Wein aus Ländern außerhalb der Europäischen Union.
Neue Welt als Konkurrent
Dabei ist es interessant zu sehen, aus welchen Ländern eigentlich hauptsächlich Wein nach Europa eingeführt wird (siehe Grafik). Die größten Weinimporte sind dabei aus Chile, Südafrika und Australien zu verzeichnen. Länder also, die ihre Rebflächen massiv ausgeweitet haben, aber im Land selbst einen rela- tiv geringen Eigenkonsum haben, der aufgrund der Bevölkerungsdichte auch nicht ausgebaut werden kann. Die massiven Flächenausweitungen waren daher schon bei der Auspflanzung ausschließlich für den Export bestimmt. Auch wenn Australien diese Politik vor einigen Jahren auf den Kopf gefallen ist (manche ausgepflanzte Weingärten wurden gar nicht mehr geerntet), macht dies dem größten Weinimporteur, nämlich Europa, einigermaßen zu schaffen, da diese Länder „um jeden Preis“ im größten Weinmarkt der Erde unterkommen wollen.
USA als Zielmarkt
Was die europäischen Weinausfuhren betrifft, so sind (wie in der Grafik ersichtlich) die USA der bei weitem wichtigste Zielmarkt. Das derzeit verhandelte Freihandelsabkommen mit den USA ist daher auch für die europäische Weinwirtschaft von besonderer Bedeutung. Russland und China sind zwar geopolitisch und auch von der Bevölkerungsanzahl extrem wichtige Zielmärkte, aber von den politischen und kulturellen Rahmenbedingungen unsicherer denn je. Und das ist auch eine der großen Gefahren des europäischen Weines. Der europäische Weinexport ist in Wirklichkeit auf wenige große Zielmärkte konzentriert. Wenn einer der großen Märkte wegbricht, aus welchen Gründen immer, hat der europäische Weinmarkt ein veritables Problem. Und dies ist nicht sehr beruhigend, auch angesichts des stetigen Rückganges des Weinkonsums in Europa selbst. Was der europäische Wein daher wirklich braucht, sind neue Märkte.
Die seitens der EU angebotene Förderung des Weinabsatzes auf Drittlandsmärkten ist daher strategisch besonders wichtig, wobei es wünschenswert wäre, dass die meisten Förderungsprojekte dann nicht mehr wieder nur auf China und Russland abzielen. Europa wird mittelfristig nicht umhinkommen, noch mehr Exportbemühungen auf Schwellenländer wie zum Beispiel Indien, Brasilien und andere zu verwenden. Aber auch der riesige afrikanische Kontinent muss langsam stärker bearbeitet werden. Nigeria und Angola sind dabei die traditionellen Drehscheiben bei der Einfuhr von Wein nach Afrika.