EU-High-Level-Group zu Weinauspflanzrechten

Ein Artikel von CR DI Josef Glatt, MBA | 04.05.2012 - 09:37

Genau vor einem Jahr habe ich bereits an dieser Stelle zur Frage der Abschaffung des Systems der Pflanzrechtsregelung ausgeführt. Bekanntlich braucht jeder Winzer in Europa, der einen Wein­garten auspflanzen will, eine diesbezügliche Berechtigung, nämlich ein sogenanntes Pflanzrecht. Dieses Pflanzrecht steht ihm zur Verfügung aufgrund der Rodung eines anderen Weingartens, aufgrund der Übernahme des Pflanzrechtes von einem anderen Betrieb oder aus einer regionalen oder nationalen Reserve. Damit ist sichergestellt, dass das Weinbaupotenzial in Europa nicht unkontrolliert steigt und zu fatalen Marktverwerfungen führt.

Marktungleichgewichte befürchtet

Die Konferenz der Europäischen Weinbauregionen (AREV) hat eine umfangreiche Studie in Auftrag gegeben, die genau dieses Szenario mit Wegfall des europäischen Pflanzrechtsregimes aufzeigt. Genau dies soll aber nach Ansicht der Europäischen Kommission ab dem Jahr 2015 passieren. So wie in der bisherigen Marktordnung ist auch im Entwurf der neuen Marktordnung für den Zeitraum ab 2014 vorgesehen, dass das Pflanzrechtsregime ab dem Jahr 2015 (bzw. aufgrund nationaler Regelung längstens ab 2018) auslaufen soll. Mittlerweile sprechen sich 16 Mitgliedsländer der EU 27 definitiv gegen das Auslaufen des Pflanzrechtssystems aus. Alle weinbautreibenden Länder der europäischen Union sind der Meinung, dass die Aufhebung der Pflanzrechtsregelung sowie die Aufhebung der Abgrenzung der Weinbaufluren stark negative Auswirkungen auf die europäischen Weinbaulandschaften hätte, sowohl was die Erhaltung der Kulturlandschaft betrifft, aber auch hinsichtlich beschäftigungspolitischer und touristischer Auswirkungen.

Unsinnig ist dieses Vorhaben auch deshalb, da mit der derzeitigen Marktordnung in den letzten drei Jahren mit viel Geld 160.000ha der europäischen Rebfläche gerodet wurden, um damit die ständig vorhandenen latenten Weinüberschüsse in den Griff zu bekommen. Dieses mit viel Geld gekaufte Marktgleichgewicht im Weinbereich wieder aufzugeben, würde wohl niemand verstehen.

Das System der Pflanzrechte wurde bereits 1976 in der Europäischen Gemeinschaft eingeführt. Damals nur für die Tafelweine, um die explodierenden Kosten für die Destillationen in den Griff zu bekommen. In den 1990er Jahren wurde die Pflanzrechtsbeschränkung dann auf alle Weine ausgedehnt. Mit der Weinmarktordnung des Jahres 1999 wurde das System der Reserven in den Mitglieds­ländern eingeführt, um das bestehende Weinbaupotenzial aufrechterhalten zu können.

Marktorientierung grundsätzlich positiv

Dabei zeigt die Marktorientierung der gemeinsamen Marktordnung im Weinbereich seit 2008 sehr positive Entwicklungen. Neben der bereits erwähnten Rodung von 160.000ha wurden mit dem System der nationalen Stützungsprogramme auch 180.000ha Weingärten umgestellt, 540 Mio. Euro in die Verbesserung der Verarbeitungseinrichtungen investiert und 560 Mio. Euro zur Absatzförderung auf Drittlandsmärkten investiert. ­Damit konnte die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Weinbaues entscheidend gesteigert werden. Dies hat mittlerweile zu einer relativ ausgeglichenen Bilanz des europäischen Weinmarktes geführt, weswegen auch die umfangreichen Weindestillationen zu einem großen Teil zurückgenommen werden konnten. Besonders erfreulich ist, dass das System der nationalen Stützungsprogramme auch mit der kommenden Weinmarktordnung für den Zeitraum 2014 bis 2020 beibehalten werden kann (siehe auch Leitartikel 3/2012) und damit die Marktposition des europäischen Weines weiter gefestigt wird.

Absatzförderung am Binnenmarkt gefordert

Gerade die Absatzbemühungen auf den Drittlandsmärkten erscheinen mir besonders wichtig, da die Exportquote angesichts des Konsumrückganges in den traditionellen Weinbauländern kontinuierlich gesteigert werden muss. Da es aber auch in der Europäischen Union viele Nichterzeugerländer gibt, deren Weinkonsumquote noch deutlich gesteigert werden kann (siehe Tschechien, Polen, Baltikum, Skandinavien), sei erneut auf die Forderung hingewiesen, mit der neuen Marktordnung auch die Möglichkeit der Absatzförderung am Binnenmarkt in das Menü der möglichen Stützungsmaßnahmen mitaufzunehmen.