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Was gibt’s Neues im Pflanzenschutz?

Ein Artikel von DI Daniela Dejnega | 05.12.2012 - 11:22

Parallel zur Tagungs-Sektion I (Ackerbau) widmete die kleinere Sektion II am 28. November das Programm fast ausschließlich dem Thema „Weinbau“. Zu Beginn der Veranstaltung referierten Firmen-Vetreter über neue Entwicklungen im Bereich Fungizide.

Echter und Falscher Mehltau

Ulrich Henser von der Syngenta Agro GmbH stellte ein neues Fungizid namens „Dynali“ vor, welches nicht nur gegen Echten Mehltau, sondern auch gegen Roten Brenner und Schwarzfäule leistungsstark sei. „Dynali“ enthält sowohl den Wirkstoff Cyflufenamid aus der Wirkstoffgruppe der Amidoxidime als auch Difenoconazol aus der Wirkstoffklasse der Triazole. Durch das Zusammenspiel der beiden Wirkstoffe können die genannten Schaderreger sehr gut erfasst werden. Die Zulassung des neuen Mittels erfolgt in Kürze. „Eine neue moderne Formulierungstechnologie macht es besonders leicht zu handhaben“, erläuterte Henser.

Alexander Schweiger von der Bayer Austria Ges.m.b.H. präsentierte den neuen systemischen Wirkstoff „Fluopyram“, welcher zur Gruppe der SDH-Hemmer (Succinat-Dehydrogenase-Komplex) gehört und dafür sorgt, dass die Energieproduktion des Schadpilzes eingestellt wird.

„Fluopyram“ soll eine zuverlässige Wirkung gegen alle Schlauchpilze (z. B. Echten Mehltau) haben. Für die Saison 2013 werden zwei Produkte mit diesem Wirkstoff in Österreich für den Weinbau verfügbar sein. „Das Mittel ‚Luna Privilege‘ wirkt gegen Botrytis cinerea an Keltertrauben und ist IP-geeignet“, so Schweiger. Hier sollte eine einmalige Behandlung kurz vor Traubenschluss ausreichend sein. Die Zulassung wird noch für 2012 erwartet. Das zweite Mittel „Luna Experience“ ist bereits gegen Echten Mehltau und Schwarzfäule im Weinbau zugelassen. Beide Produkte sind flüssig formuliert und leicht zu dosieren.

„Vinostar“ der Firma Feinchemie Schwebda GmbH ist ein tiefenwirksames Fungizid und stellt die Kombination zweier bewährter Wirkstoffe zur Bekämpfung von Falschem Mehltau (Plasmopara viticola) dar – Folpet und Dimethomorph (DMM). Beide Wirkstoffe sollen sich in ihrer Wirkung ­ergänzen und verstärken. „Vinostar“ liegt als Granulat vor und ist als für den integrierten Weinbau geeignet eingestuft. Die Zulassung wird erwartet.

Versuchsergebnisse

Im Anschluss an die Präsentation der genannten Fungizide erstatteten Erhard Kührer und Christoph Gabler von der Wein- und Obstbauschule Krems Bericht über einen Peronospora-Bekämpfungsversuch mit Unterstützung des Prognosemodells „VitiMeteo“ am Standort Krems. Die Bewertung des Infektionsdruckes erfolgte sowohl mit Hilfe des Prog­nosemodells „www.VitiMeteo.at“ als auch durch Feldbeobachtungen. VitiMeteo ermöglicht eine Optimierung der Spritzmittel-Applikation. Die Abstimmung von Spritzfolgen mit Hilfe von Präparaten mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen an die Rebenentwicklung sowie an den Infektionsdruck kann als Beitrag zu einem gezielten, umweltbewussten und modernen Pflanzenschutz gesehen werden.

Der zweite Bericht aus Krems handelte von einem zweijährigen Traubenwicklerversuch. Um die Einsatzzeitpunkte der angewendeten Mittel zu optimieren, fließen Beobachtungen des Traubenwicklerwarndienstmodells „www.wickler-watch.at“ in die Versuche mit ein. 2012 wurde die Priorität auf Mittel mit einer Wirkung gegen die Amerikanische Rebzikade gelegt und es wurde geprüft, inwiefern diese auch gegen den Traubenwickler wirksam sind. Aufgrund der Schwankungen in den Entwicklungszeitpunkten zwischen Traubenwickler und Rebzikade scheint es unwahrscheinlich, beide Schädlinge mit einer einmaligen Anwendung ausreichend bekämpfen zu können.

Weiters gab Helmut Redl von der BOKU Wien einen Einblick in mehrjährige Vergleichsuntersuchungen betreffend Wein mit IP-Herkunft und Bio-Herkunft. Die BOKU hat rund 200 Referenzflächen von Betrieben mit biologisch-organischer, biologisch-dynamischer und IP-Wirtschaftsweise seit 2008 hinsichtlich vielfältiger Gegebenheiten (z. B. Boden, Topographie, Witterung, Rebenkultivierung und -vitalität, Traubenqualität etc.) in einer Datenbank erfasst. Das gegenwärtige Fazit der Vergleichsuntersuchungen von IP-Herkunft und Bio-Herkunft lautet: „Die Handschrift des Winzers dominiert eindeutig über Terroir und Art des Rebenbewirtschaftungssystems.“

Schwarzholzkrankheit

Monika Riedle-Bauer vom LFZ Klosterneuburg referierte über das Massenauftreten der Windenglasflügelzikade, des Überträgers von Stolbur-Phytoplasma. Bakterien aus der Stolbur-Phytoplasma-Gruppe gelten als Verursacher der Schwarzholzkrankheit (Bois noir) bei Weinreben. Als Überträger der Phytoplasmen auf die Pflanze wurde bisher nur die Windenglasflügelzikade (Hyalesthes obsoletus) identifiziert. Diese Zikade galt in Österreich als extrem selten, jedoch wurde 2012 im Rahmen von Routine-Kontrollen ein unerwartetes Massenauftreten in österreichischen Weinbaugebieten beobachtet. Die Stolbur-Stämme sind je nach genetischem Typ entweder mit der Brennnessel (Tuf-Typ I) oder der Ackerwinde (Tuf-Typ II) als Zwischenwirt assoziiert. Offenbar kann hier ein Wirtswechsel stattfinden, denn so gut wie alle untersuchten Tiere wurden auf Brennnesseln gefunden, obwohl sie vom Typ her eigentlich der Ackerwinde zuzuordnen gewesen wären. Sie waren je nach Standort zum Teil mit Stolbur infiziert (Durchseuchungsrate bis zu 54%). Als gefährdet zu sehen sind in erster Linie Weingärten, die in unmittelbarer Nähe zu Böschungen an Straßenrändern liegen. Die Bekämpfung der Brennnessel wäre hier eine Lösung. „Die gute Nachricht ist“, so Riedle-Bauer, „dass die Windenglasflügelzikaden nicht besonders mobil sind – solange sie nicht gestört werden.“ Je nach Rebsorte ist die Anfälligkeit für die Schwarzholzkrankheit unterschiedlich, Gleiches gilt für eine mögliche spontane Gesundung.

Auch für Bio geeignet

„Spintor“ heißt ein modernes Insektizid der Kwizda Agro GmbH aus der neuen chemischen Klasse der Spinosyne. Der Wirkstoff Spinosad besteht aus den Stoffwechselprodukten eines Bodenbakteriums (Saccharopolysora spinosa), das zu den Strahlenpilzen gehört. Die Aufnahme durch Fraßaktivität und Kontakt führt innerhalb weniger Stunden zu einer irreversiblen Lähmung des Insekts. Im Weinbau ist es zur Bekämpfung von beiden Traubenwicklerarten, von Rhombenspanner, Gemeiner Ohrwurm und Springwurm zugelassen. 2012 gab es eine „Gefahr in Verzug“-Genehmigung gegen den Rebstecher (Zigarrenwickler) und die Kirschessigfliege. „Spintor weist eine sehr gute Pflanzenverträglichkeit auf und hat keinen Einfluss auf Gärung oder Geschmack im Wein“, berichtete Johann Andert von der Kwizda, „das Produkt ist auch geeignet für den Bio-Weinbau.“

Zum Tagungsende berichtete Wolfgang Vaas-Ruchti von organics international anschaulich von den Pro­blemen eines mittelständischen Unternehmens bei der Zulassung biologischer Pflanzenschutzmittel in der EU. Das Produkt „greenline 88“ ist ein auf Sojaöl basierendes Insektizid und ist beispielhaft für rückstandsfreie Schädlingsbekämpfung. Es wirkt in erster Linie gegen Schildläuse, Blattläuse, Spinnmilben und Thripse und kommt vor allem im Gartenbau zum Einsatz. „greenline 88“ stellt kein Gesundheitsrisiko für die Anwender dar und ist ungefährlich für Trink- und Grundwasser – ein passender Abschluss der diesjährigen Pflanzenschutztage, die an sich unter dem Leitthema „Chemischer Pflanzenschutz und sauberes Wasser – ein Wider­spruch?“ standen.