Leitartikel 12-2024

Wein und Gesundheit II

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 11.12.2024 - 11:02
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© Quelle: Deutsche Weinakademie

Und zwar übernommen von einschlägigen Quellen ohne Recherche und Gegenprüfung, da die Meldungen eingängige Schlagzeilen versprachen wie „Jeder Schluck Alkohol ist Gift für den Körper“ und sich dabei auf eine neue Auslegung der WHO-Richtlinien, also der Weltgesundheitsorganisation (WHO), zu Alkoholkonsum berufen konnten. Daher war es notwendig, Position dagegen zu ergreifen. Der Verein „Wein und Gesundheit“ konnte dazu gewonnen werden, ein entsprechendes Symposium zu diesem Thema zu veranstalten, um mit ausgewiesenen Wissenschaftlern die Ihm Rahmen des obigen Alkohol-Bashings zitierten Radikalaussagen deutlich zu relativieren. DER WINZER hat die Veranstaltung mehrmals angekündigt. Das Symposium konnte nun im voll besetzten Josephinum der Medizinischen Universität Wien abgehalten werden. Die Aussagen der vortragenden Wissenschaftler waren dabei mehr als deutlich. 

Reduziertes Sterberisiko

Ausgangspunkt für das verstärkte Alkohol-Bashing ist Movendi International, eine internationale Organisation, die sich für Enthaltsamkeit von Alkohol und Drogen einsetzt. Sie ist aus dem Orden der Guttempler hervorgegangen, der im 19. Jahrhundert in Amerika als Abstinenzler-Organisation gegründet wurde. Ausgangspunkt für das gegenwärtige Alkohol-Bashing ist eine Studie des kanadischen Psychologen Tim Stockwell, in der teilweise haarsträubend argumentiert wird. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Metaanalyse, also einer Zusammenfassung von Studien anderer Autoren durch Stockwell, der selbst noch keine eigene Studie zum Thema durchgeführt hat. Dazu zieht er 107 Studien heran, aus denen er willkürlich sechs Studien als qualitativ hochwertig hervorhebt. In manchen Tabellen der Arbeit werden es plötzlich 130 Studien. Trotz dieser bedenklichen wissenschaftlichen Herangehensweise kommt Stockwell in dieser Arbeit zu folgendem Befund: Personen, die wenig Alkohol trinken, haben gegenüber Abstinenzlern ein reduziertes Sterberisiko. 

Pauschale Aussagen falsch und ohne Nutzen

Eine ähnliche Metaanalyse ist die weltweit größte Initiative zur Bewertung der globalen Gesundheit, nämlich die „Global Burden of Disease“-Studie, aus der auch die Weltgesundheitsorganisation ihre Leitlinie ableitet. Mehr als 12.000 Wissenschaftler aus über 200 Ländern arbeiten an dieser Initiative mit, deren Daten in der medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“ für über 450 Erkrankungen und auch einige Risikofaktoren publiziert werden, so auch über Alkohol. Dabei werden Daten aus sehr vielen unterschiedlichen Kulturen kombiniert, um einen einzelnen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Gesundheit modellhaft zu errechnen. Allerdings werden hierbei die vielen unterschiedlichen Lebensstile und kulturellen Faktoren komplett außer Acht gelassen. Zu diesen Faktoren gehören der sozioökonomische Status des Einzelnen, die Umstände wie das Trinken mit oder ohne Essen, das Trinkmuster (regelmäßiger, mäßiger Alkoholkonsum versus „binge drinking“), die Art des Getränkes (zum Beispiel Wein versus Spirituosen), die Absicht der Person („trinken, um sich zu betrinken“ versus „Wein zu den Mahlzeiten“), das Ausmaß körperlicher Aktivität etc. Aber auch bei dieser Studie wurde in der jüngsten Veröffentlichung 2020 anerkannt, dass geringe Mengen Alkohol für z.B. ältere Erwachsene mit besserer Gesundheit assoziiert werden.  

Ja zum moderaten Genuss

Letztlich hat die Neuauswertung samt Beurteilung der Studien, die die Anti-Alkohol-Lobby ins Treffen führt, eines gezeigt, was wir ohnehin immer schon wussten: „Moderater Konsum JA, Alkoholmissbrauch NEIN“. Weingenuss JA, Komasaufen NEIN.