Der Unmut französischer Weinproduzenten hat sich in einer weiteren Aktion gegen eine große Kellerei entladen, wie die Branchenmagazine „Decanter“ und die „Weinwirtschaft“ berichten. In der Nacht des 30. November 2024 stiegen Vermummte auf dem Betriebsgelände des Weinguts Château La Boutignane ein, setzten ein Lager in Brand und öffneten vier Weintanks, von welchen zwei vollständig entleert wurden.
Laut Medienberichten wurde Anzeige gegen die Unbekannten erstattet und Ermittlungen aufgenommen. Das Weingut beziffert den Schaden mit rund 130.000 Euro. Am Tatort wurde der Spray-Tag „CAV“ hinterlassen, welcher einen Zusammenhang mit dem „Comité d‘action viticole“ nahelegt, dem sogenannten „Vitikulturellen Aktionskomitee“. Das CAV ist als Gruppe von Weinbauern bereits seit den 70er-Jahren bekannt, besonders durch teils gewalttätige politische Proteste. Auch die Aufschrift „viti en colère“ wurde in dem betroffenen Weingut hinterlassen: Die Winzer sind wütend.
Die sich international zuspitzende Weinkrise äußert sich besonders in Frankreich, dem zweitgrößten Weinproduktionsland der Welt, seit Jahren mit regelmäßigen und teils emotionalen Protestaktionen durch Trauben-, und Weinproduzenten. Sie können zu den gängigen niedrigen Preisen nicht mehr kostendeckend produzieren.
„Einige Menschen haben die Nase voll, weil sich nichts bewegt. Wir steuern auf schwierige Zeiten zu, und ich kann mir vorstellen, dass einige Menschen aus Verzweiflung zu solchen Taten greifen,“ kommentiert Frédéric Ruoanet, Präsident des örtlichen Weinbauverbands Aude, den Vorfall gegenüber France 3.
Um Druck vom Markt zu nehmen und der Überproduktion entgegenzuwirken wurden in Frankreich für 2025 ganze 3,5% der nationalen Rebfläche (rund 27.500 Hektar) zur Rodung vorgemerkt – mit der subventionierten Aktion werden auch mehr als 1.300 Betriebsschließungen einhergehen.
Erst vor wenigen Monaten stoppten wütende Winzer an der Grenze zu Spanien eine für den Import bestimmte Tankladung Wein und entleerten sie auf der Straße. Es herrscht Unmut darüber, dass große Kellereien den Preisdruck zusätzlich durch (Billig)importe verschärfen. Auch dem Handel wird Schuld an der desaströsen Lage gegeben: Vor einem Lidl zerschmissen örtliche Winzer zahlreiche Flaschen Côtes-du-Rhône, welche im Supermarkt für 1,69 Euro pro Flasche zu haben waren.
Das betroffene Weingut La Boutignane ist Teil des Konzerns Les Grands Chais de France, welcher als zweitgrößter Weinhändler Frankreichs gilt. Ein Languedoc-Weingut des Großhändlers war bereits 2009 Ziel eines Bombenanschlags gewesen, welcher dem „Aktionskomitee“ zugeschrieben wurde.
Der nun betroffene Betrieb liegt in der Languedoc-Region Corbìere, wo örtlichen Landwirten aufgrund der klimatischen Bedingungen zum Weinbau nur wenige Alternativen bleiben. Darüber hinaus gilt das südfranzösische Gebiet Languedoc-Roussillon neben dem Bordeaux als besonders von den geplanten Rodungen 2025 betroffen.