VERKOSTUNG

Sankt Georgener Rebe zeigt Potenzial

Ein Artikel von Daniela Dejnega | 10.02.2020 - 13:12
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DNA-Analysen bewiesen, dass die St. Georgener Rebe die Mutterrebe des Grünen Veltliners ist
© Verein Dorfblick.info

Dass eine Urform von Traminer ein Elternteil von Österreichs wichtigster Rebsorte ist, weiß man seit Langem, doch die Mutterrebe des Grünen Veltliners blieb ein Rätsel. Dann entdeckte Michael Leberl im Mai 2000 auf einer Hutweide in St. Georgen bei Eisenstadt einen an die 100 Jahre alten Weinstock – verwachsen im Gestrüpp, in schlechtem Zustand, rankend am Baum. Dass diese Rebe eine Besonderheit darstellt, wurde von Anfang an vermutet, und im Jahr 2007 bewies Dr. Ferdinand Regner von der HBLA und BA für Wein- und Obstbau Klosterneuburg durch DNA-Analysen, dass es sich sensationellerweise um den fehlenden Elternteil des Grünen Veltliners handelt.

Der Winzer Hans Moser jun. begann, sich 2006 für das Thema zu engagieren, sein Vater Johannes Moser sen. pflegte die Urrebe hingebungsvoll und in der Folge konnte sie erfolgreich vermehrt werden. Bei einem Vandalenakt Anfang des Jahres 2011 wurde der Weinstock fast zerstört, trieb aber im Frühjahr wieder aus.
Kurz darauf wurde der Verein zur Kultivierung der St. Georgener Rebe gegründet. Die Rebschule Scheiblhofer in Andau stellte dem Verein alle Rebveredelungen kostenlos zur Verfügung, und das Weingut Hans Moser legte in St. Georgen am Leithagebirge einen Versuchsweingarten auf der Riede Viehtrift an. In den Jahren 2012, 2013 und 2014 wurden jeweils etwa 330 Reben gepflanzt.

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Mittlerweile sind drei Jahrgänge der St. Georgener Rebe in der Flasche verfügbar, die Verwandtschaft mit dem Grünen Veltliner ist schmeckbar © Verein Dorfblick.info

Jahrgang 2016
Die allererste Ernte der St. Georgener Rebe im Herbst 2013 ergab gut zwei Liter Wein – in den folgenden Jahren wuchs naturgemäß der Ertrag. Obwohl der Spätfrost Ende April 2016 etwa 60% der erwarteten Menge vernichtet hatte, konnten am 7. Oktober 2016 bereits 630 Kilogramm Trauben per Hand geerntet werden. Sodann wurden 440 Liter Most mit 17°KMW und einem Säuregehalt von 7,7‰ mittels Reinzuchthefe Erbslöh-Terra vergoren. Hans Moser baute den Wein in seinem Keller in einem maßgeschneiderten Edelstahltank aus, rührte bis Mitte November die Hefe drei Mal auf und füllte Ende April 2017 581 Flaschen (à 0,75l).
Bei der Verkostung im Jänner 2020 in der Winzer-Redaktion zeigte der Wein von 2016 anfangs eine würzige, dann zunehmend florale Nase, am Gaumen erste Reifetöne mit nussigen Aromen; schön frisch und anregend wirkte die Säure.

Jahrgang 2017
Der Jahrgang 2017 wurde am 28. September per Hand gelesen. 1.647 Kilogramm Trauben ergaben 1.100 Liter Most mit 17°KMW und 6,7‰ Säuregehalt. Die Vergärung erfolgte wie im Vorjahr mit Reinzuchthefe, aber aus einer kleinen Teilmenge mit Spontangärung führte DI Helmut Gangl vom Bundesamt für Weinbau in Eisenstadt erfolgreich eine Hefeselektion durch. Nach einem ersten Abstich Ende Oktober, dreimaliger Hefebatonnage und einem zweiten Abstich Ende November fand im Jänner 2018 eine Kieselgurfiltration statt. Ende April wurden 1.440 Flaschen (à 0,75l) gefüllt.
Der 2017er präsentierte sich mit viel Zitrusfrucht und Gelbem Apfel, zeigte feinen Fruchtschmelz, geradlinigen Zug und einen lebhaften, erfrischenden Säurebogen.

Jahrgang 2018
Für den Jahrgang 2018 kam die im Herbst 2017 selektierte Hefe gleich zum Einsatz. Die Rebe habe ihren „Leistungsmodus“ erreicht, erklärte Hans Moser angesichts der Erntemenge von 2.050 Kilogramm (nach Ausdünnung von mehr als 50% nach der Blüte). Nach einer Nacht im Kühlraum ergab das Pressen der Trauben 1.550 Liter Most mit 18°KMW und 6,5‰ Säure. Nach der Gärung im Edelstahltank und siebenmaliger Batonnage erfolgte noch vor Weihnachten die Kieselgurfiltration. Mitte April 2019 wurden 1.933 Flaschen der St. Georgener Rebe gefüllt. Bei der Verkostung wurde notiert: würzige Nase, Heublumen, Zitrus und exotische Früchte, cremige Textur, stimmige Balance, lebendige Säure. Die zarte Cremigkeit am Gaumen weist auf das häufigere Aufrühren der Hefe hin.

Gute Aussichten
Die Verkostung der Jahrgänge 2016, 2017 und 2018 der St. Georgener Rebe ließ nicht nur Hans Mosers Winzerhandschrift und entsprechende Jahrgangsunterschiede erkennen, sondern auch ein paar wiederkehrende Merkmale, welche zwar noch keine Charakterisierung der Weine dieser Rebsorte zulassen, aber erste Anhaltspunkte bieten.
Alle drei Weine zeigten eine deutliche Würze, welche die Verwandtschaft zum Grünen Veltliner nachvollziehbar macht. Die Frucht reichte von Zitrus- über Apfelnoten bis zu exotischen Anklängen. Immer wieder traten in der Nase auch florale Noten hervor. Als sehr positiv ist die lebendige Säure hervorzuheben. Der Alkoholgehalt fiel moderat aus und alle drei Jahrgänge tragen 12,5% Vol. am Etikett. Mit dem Jahrgang 2018 deutet die St. Georgener Rebe durchaus Potenzial an, sie auch als kräftigen Burgunder-Typ auszubauen. Wir sind gespannt auf alle weiteren Jahrgänge und rechnen mit zunehmendem Alter der Reben mit immer spannenderen Weinen.