In der Technik der Zukunft steckt viel Entwicklungsarbeit. Sie soll neue Lösungen für aktuelle Problemstellungen liefern © FH Technikum Wien
Im Rahmen des jährlich stattfindenden „Robotics Day“ an der FH Technikum Wien luden Vertreter aus Wissenschaft, Industrie und Wirtschaft zu einem besonderen Fach- und Vernetzungstreffen ein: Sie diskutierten zur Zukunft von Automatisierung und Robotik im Weinbau.
Der Bedarf an Lösungen sei da, stellte Alexander Numrich, Vertreter der Österreichischen Gesellschaft für Mess-, Automatisierungs- und Robotertechnik (GMAR), eingangs fest. Bei der GMAR gehen seit Jahren Anfragen ein, ob für unterschiedliche Problemstellungen in der landwirtschaftlichen Produktion Lösungen vermittelt werden können. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Entwicklungsprojekte, besonders im Bereich der Robotik und Datenverarbeitung, verwirklicht. Das Problem ist jedoch oft, dass Prototypen nicht in Produktion gehen, rechtlichen Anforderungen nicht entsprechen und letztlich keine Anwendung in der Praxis finden. Auch die Kosten sind hinsichtlich der Rentabilität einer Anschaffung ein bedeutendes Thema.
Feld der Innovation
Eine neue Generation sucht nach neuen Arbeitsweisen, so Johannes Zuser vom Josephinum Research Wieselburg. Selbst aus einer landwirtschaftlichen Familie kommend, sieht er großes Potenzial für Roboter in der Weinbranche und forscht derzeit aktiv an Möglichkeiten, Systeme intelligenter und damit auch tatsächlich praktisch anwendbar zu machen.
Versuchsroboter wie der elektrische Zwischenstockmäher Dionysos bedienen sich eines komplexen Sensorsystems, um ihrer Arbeit zielgerichtet nachgehen zu können. Unbeaufsichtigt dürfen diese Geräte jedoch nicht im Weingarten arbeiten: Rechtlich gesehen muss garantiert werden, dass durch den Roboterbetrieb keine Person zu Schaden kommen kann, auch wenn sich diese etwa unerlaubterweise im Weingarten aufhalten sollte.
Auch die Erkennung von Fahrthindernissen und Wildtieren ist ein relevantes Thema: Da Wärmebilderkennung etwa im Sommer keine guten Ergebnisse liefert und auch „unbelebte“ Fahrhindernisse nicht als solche erkennen kann, wurde ein System trainiert, das konstant Referenzfotos eines „regulären“ Ausblicks auf die Fahrgassen mit den Live-Bildern des Roboters vergleicht. Stellt er eine Anomalie fest, so bleibt er stehen. Die dabei anfallende Datenmenge ist beachtlich und wird von einem eigens trainierten KI-System laufend verarbeitet, um einen unbeaufsichtigten Betrieb im Weingarten zu ermöglichen.
Vom Prototyp zur Produktion
Von der Notwendigkeit von Lösungen und der vielen Entwicklungsarbeit, die es braucht, um tatsächlich zufriedenstellende Ergebnisse zu erhalten, wusste auch Robert Kögl-Rettenbacher von greenhive einiges zu berichten. Für den südsteirischen Ingenieur und Winzer war vor allem die viele Pflanzenschutzarbeit in Steillagen ausschlaggebend, um selbst mit der Entwicklung von Alternativen zu beginnen. Besonders nach Regenfällen ist die Gefahr von Bodenverdichtungen und Traktorunfällen beachtlich. Zudem kann Pflanzenschutz witterungsbedingt mit schweren Geräten nicht immer zeitgerecht ausgebracht werden.
Ein in der Steiermark entwickelter und produzierter selbstfahrender Roboter für den Pflanzenschutz soll in diesem Jahr herauskommen © greenhive
Nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit testet die Firma ihren neuen Prototyp „Spritzengel“ nun bereits seit einem Jahr in der betrieblichen Praxis. Der elektrische Leichtbauroboter wiegt mit vollem 200-Liter-Tank etwa 580 Kilogramm und fährt selbstständig innerhalb des per Geofencing abgesteckten Weingartens. Mit einer Akkuladung kann damit je nach Gelände innerhalb einer Stunde bis zu ein Hektar Weingarten bearbeitet werden – allerdings wird davor erfahrungsgemäß ein Nachfüllen des Spritzmitteltanks notwendig.
Der Einsatz des Spritzroboters erfordert also etwas Umdenken in der Praxis: Er muss mangels Verkehrstauglichkeit im Weingarten abgeladen werden und wird hier auch idealerweise neu befüllt. Aufgrund des Wechselakkusystems kann ein durchgehender Betrieb aufrechterhalten werden, jedoch sollte eine Möglichkeit zur Aufladung der Batterie-Packs bei längeren Arbeiten am Stück überlegt werden. Viel Entwicklungsarbeit steckt auch in den elektrischen Systemen und im Betriebsmodul, um punktgenaue Steuerung und intuitive Handhabung zu ermöglichen. Die Spritztechnik selbst entspricht ÖIAP-Richtlinien.
Der Pflanzenschutzroboter soll noch 2025 in Serienproduktion gehen und in der Steiermark gefertigt werden. Für flachere und weniger kleinparzellierte Gegenden wie etwa im Burgenland wird eine größere Tankkapazität angedacht: Aufgrund der fehlenden Steigung wird hier weniger Motorleistung benötigt. Die voraussichtlichen Kosten für das Gerät liegen bei ca. 39.800€ (exkl. UST).
Systeme intelligent verbinden
Auch in der Optimierung bestehender Systeme von Betrieben gibt es beachtliches Potenzial, so David Kittl vom internationalen Automatisierungstechnologie-Anbieter Beckhoff. Oftmals reichen bereits kleine Investitionen von 100 bis 200 Euro, um Einsparungen in Betrieben zu erreichen, etwa beim Energieverbrauch von Heiz- und Kühlsystemen. Wichtig sei es vor allem, irgendwo anzufangen.
Der Dienstleister ist insbesondere auf Optimierung und Prozesskontrolle spezialisiert: Schnittstellen zu bestehenden Systemen werden geschaffen und in einem geschlossenen internen System zusammengeführt, um die Daten und Prozesse zentral nutz- und steuerbar zu machen. Die Möglichkeiten reichen mittlerweile bis hin zur voll automatisierten und zentral gesteuerten Indoor-Fabrik.
In der Praxis ist die Automatisierung in österreichischen Weingütern noch nicht weit fortgeschritten, unter anderem aufgrund oftmals kleiner Betriebsgrößen, technischer bzw. rechtlicher Hürden und (noch) hoher Anschaffungskosten für entsprechende Geräte. Es herrscht jedoch Bewegung auf dem Markt, befeuert durch Investitionen in anderen Lebensmittel verarbeitenden Branchen. Auch steigt die Zahl von Kleinanbietern und Entwicklern von spezialisierten Lösungen. Der letzte Vortragende des Tages stellte einen transportablen Leichtbauroboter für die Palettierung vor, der beispielsweise in Füllstraßen flexibel eingesetzt werden kann. Das junge Entwickler-Team rund um HS Mechatronics ist in Niederösterreich ansässig und produziert auch den sogenannten Anylift, ein vollautomatisches Hubladesystem zur Beladung von Transportfahrzeugen.