Wie bei der Messepremiere im Winter 2020 fußte die Messe auf einem breiten Spektrum an Ausstellern, die vor allem den Bereich Weinbau abdeckten. Ein fachlich gestaltetes Rahmenprogramm mit Vorträgen und ein Tasting-Corner mit Versuchsweinen rundeten die Fachmesse ab. Zum Abschluss der Eröffnung wurden die „Austro Vin Awards“ vergeben, sinnbildlich für neue, innovative Technik, die es auf der Messe zu besichtigen gab.
Präsent-Messe zum Kompromiss-Termin
Die Messe Tulln bilanzierte positiv: „Das Programm für die Obst- und Weinbauern war umfassend und die Aussteller hatten auch zu diesem Sondertermin eine sehr gute Frequenz echter Interessenten. Mit diesem Ergebnis freuen wir uns schon auf die nächste Austro Vin Tulln 2024“, so Messe-Geschäftsführer Mag. Wolfgang Strasser. Dann allerdings zum wesentlich günstigeren Termin für die Branche vom 1. bis 3. Februar.
Unbestritten ist, die Messe verzeichnete eindeutig eine hohe Dichte an relevanten Entscheidern unter den Besuchern. Doch manchen Winzern blieb der Besuch aus zeitlichen Gründen verwehrt: Präsentationen, Messen, Verkostungen, Weingartenarbeit, Verkaufstätigkeiten etc.: Mit dem Aufheben der meisten Covid-Maßnahmen schoben sich viele Tätigkeiten bzw. Veranstaltungen in den Mai zusammen. Eine enorme Herausforderung für die Branche und der Grund, warum die Besucherfrequenz für manche Aussteller etwas unter den Erwartungen blieb. Doch nicht alle jammerten, es gab auch durchaus zufriedene Aussteller, die von guten Gesprächen und Kontakten berichteten. Auf jeden Fall blieb Zeit für vertiefende Gespräche zwischen Firmen und Winzern, aber auch unter den Winzern. Und die Erfahrung zeigt: Oftmals ist der persönliche Austausch unter Kollegen Gold wert, um sich manche Erfahrungen zu ersparen und gleich auf das richtige Pferd zu setzen.
Messe-Rundgang
Die Bereiche Außenmechanisierung, Kellertechnik, Abfüllung und Verpackung sowie Dienstleistung und Vermarktung gliederten sich in vier Hallen auf. Erfreulich, dass dieses Mal die Branchegröße RWA/Lagerhaus mit einem großen Stand teilgenommen hat.
Nach wie vor stellte der Bereich Bodenbearbeitung einen wichtigen Faktor in der Produktion dar, was sich anhand der vielen Aussteller aus verschiedenen Ländern zeigte. Herbizide sollen eingespart oder verhindert werden, stattdessen kommen immer mehr mechanische Alternativen auf den Markt. Generell sind flexible Systeme von Vorteil, wichtig ist, hier vernünftige Fahrgeschwindigkeiten zu erreichen, dabei aber reb- bzw. bodenschonend zu arbeiten. Nicht nur bei den Geräten für die Weingartenbearbeitung zeigte sich: Die Weinbaubetriebe werden größer, finden aber schwer Personal. Damit steigt der Druck, sich noch schlagkräftiger aufzustellen. Wenn dann das Wetter bei der Lese nicht passt, muss auch schnell geerntet werden. Damit muss auch im Keller aufgerüstet werden.
Keine Landtechnik ohne Zugmaschinen: Massey Ferguson, Deutz-Fahr, McCormick und Carraro präsentierten neue (kleine) Modelle, nunmehr mit der Abgasstufe V ausgestattet. Elektrisch betriebene Traktoren bietet der Markt zwar noch nicht, doch auffällig, dass die eine oder andere vollelektrische Pritsche auf der Messe zu sehen war.
Das Angebot an Firmen, die mit Pflanzenstärkungsmitteln handeln, scheint laufend größer zu werden. Stellvertretend dazu sei die Firma TVA angeführt, die in Zusammenarbeit mit Forschungsanstalten Mittel anbietet bzw. neue testet, die die Immunabwehr der Rebe deutlich stimulieren sollen.
Auch der Bereich der Digitalisierung schlug sich deutlich in der Ausstellerzahl nieder, wenn auch nach wie vor die meisten nur den Bereich Verwaltung umfassen. Autonom gesteuerte Geräte/Roboter bleiben noch Ausnahmen.
Zum Messe-Award der Austro Vin gab es beinahe 30 Einreichungen. Denen zu folgen, sprengte den Rahmen eines Messetages. Hier ein konzentrierter Ausschnitt:
Im Bereich der Kellertechnik reichten die Branchengrößen Erbslöh und Lallemand zum Award ein. Erbslöh fokussierte bei den Einreichungen zum Award auf ein Extraktions- und zwei Schönungsmittel. Erwähnenswert die Alternative namens Ercofid zum nicht mehr zugelassenen Silberchlorid. Lallemand hatte als Einreichtrio einen Spezialnährstoff, ein Hefederivat für den Weingarten und eine Reinzuchthefe zum mikrobiologischen Schutz vor Beginn der alkoholischen Gärung. Letztere minimiert dadurch erfolgreich den SO2-Einsatz.
Die Award-Jury konnte aber die Membran-Technik von KH tec überzeugen: Mit der kompakten Anlage KH tec CO2 kann elegant CO2 und Sauerstoff im Wein eingestellt werden (Ent- wie auch Begasen bis zu 6bar!). Den Alkoholgehalt reduzieren kann die Anlage übrigens auch.
Die deutsche Firma Ero beeindruckte mit einer standardisierten Datenübertragung (ISOBUS-Steuerung) für ihre Anbau-Geräte. Damit können zukünftig georeferenzierte Maschinendaten genutzt werden. So kann etwa nach einmaliger Einstellung die Entlaubungsintensität an der Sonnen- und Schattenseite der Rebreihen automatisch angepasst werden. Apropos Entlauber: Der eingereichte VITIpulse verpasste knapp den Award-Sieg. Das Gerät kombiniert zwei Technologien, Saugen-Zupfen und pulsierende Druckluft, auf das Beste. Energieeinsparender Einsatz von der Blüte bis zur Ernte für die Traubengesundheit.
Erwähnenswert auch die satellittengesteuerte Pflahlramme der deutschen Firma Wagner – ein Beispiel für Präzisionslandwirtschaft. Sie erhöht die Effizienz beim Auspflanzen bzw. Pfahlsetzen (für Lohnunternehmer!).
Um die Übertragung von Maschinen- und Erntedaten geht es bei Pellenc Connect bzw. Pellenc Dynamik, welche von der Firma Hammerschmied vorgestellt wurde. „Connect“ bedeutet, auf Störfälle von der Ferne besser reagieren zu können. „Dynamik“ (Wiegeeinrichtung) steht für die Möglichkeit, den Ertrag automatisiert zu messen und zu verarbeiten, um daraus später etwa den Düngereinsatz zu steuern. Neu bei Hammerschmied: die elektrische Rebschere C45 mit mehr Akkuleistung und Sicherheit (Schneidschutz).
Der Klimawandel stellt die Branche vor diverse Herausforderungen: CFS Farm Solution aus Eggenburg reichte die Modelle Reblaus (3-reihig) und Rebmini (2-reihig) für den Award ein. Das innovative Modulsystem vereint verschiedene Geräte in einem Schnellwechselsystem. Besonders der Einsatz der Direkteinsaat-Einheit gewinnt an Bedeutung.
Der Klimawandel erhöht die Gefahr für Spätfröste. Parga reagiert darauf mit der Entwicklung des Frostschutz-Sprühers „Pulsar mit Stripnet“. Bei vorhandener Tropfbewässerung kann mit wenig Aufwand ein Streifensprüher nachgerüstet werden, um mit weniger Wasser Frost zu bekämpfen.
Die Arbeiten am Rebstock und an der Laubwand sind mühsam, Personal ist „Mangelware“. Mit dem elektrisch angetriebenen Sitzwagen Rocky (Vertrieb Sengl-Pridt) fällt es wesentlich leichter, die humane Leistung wird gesteigert.
Den Stock von Wasserschossern freizuhalten, funktioniert mit dem Sattler Überzeilenstockputzer nun in zwei Reihen gleichzeitig. Dafür sorgen zwei unabhängig voneinander fahrende Schlitten, die den Stamm mit Rotoren freihalten sollen (zügig und ohne Staub aufzuwirbeln).
Mit deQuanta wurde eine weltweite Neuheit präsentiert: Die vollautomatische Ausschankhilfe für Großflaschen erleichtert das Ausschenken von Wein- und Sektgroßflaschen bis zu 18 Liter. Darüber hinaus zeigt sie sich in hochwertigem Design, das individuell Kundenwünschen angepasst werden kann.
Die Firma GeleeVital präsentierte Mischungen verschiedener Bodenhilfsstoffe und eines Wasserspeichergranulats. Anhand von Bodenproben wird im Vorfeld überprüft, welche Stoffe nötig sind und diese dann zu einem Granulat zusammengemischt. Die Mischungen optimieren den pH-Wert des Bodens sowie die Wasser- und Nährstoffspeicherfähigkeit und unterstützen dadurch das Pflanzenwachstum. Das Speichergranulat soll das 300-Fache seines Eigengewichts an Wasser und gelösten Nährstoffen aufnehmen und bei Trockenheit den Reben zur Verfügung stellen.
Branchen im Schlaglicht
Stark vertreten waren Anbieter von alternativen Pflanzenhilfsmitteln, etwa auf Basis von Mikroorganismen. Das Interesse aus der Branche an diesen Produkten steige beträchtlich, heißt es bei den Firmen. Vor allem Alternativen zu konventionellen Fungiziden sowie zu Kupfer werden stark nachgefragt. Etwa in Kombination mit regulären Pflanzenschutzanwendungen werden die Produkte seit einiger Zeit erfolgreich in der Praxis angewendet und sorgen dabei für eine erhebliche Einsparung der traditionellen Pflanzenschutzmittel, betonen die Hersteller. Einen besonderen Vorteil sehen die Firmen in der Anwendung ihrer Produkte bei der Neuauspflanzung von Weingärten. Die Mittel dienen als Wachstumsunterstützung und werden entweder vor der Pflanzung in den Boden eingearbeitet oder dem Gießwasser der frisch gesetzten Reben zugesetzt. Daneben wurden auch Mikroorganismen-Produkte zur Verbesserung des Bodenlebens oder zur effizienteren Kompost-Herstellung präsentiert. Auch Hersteller von Pflanzenhilfsstoffen basierend auf Kräuterextrakten oder Produkten mit kombinierter Wirkung aus Kräutern, Mikroorganismen und Gesteinsmehlen waren vertreten und klärten über die Wirkung ihrer zum Teil neuen Produkte auf.
Anzutreffen waren auch Hersteller von Verkaufsautomaten, sie profitieren von der Problematik Personalmangel. Die vorgestellten Automaten, die neben Wein auch für alle möglichen anderen Produkte verwendet werden können, spielen mittlerweile alle Stücke. Mit großen Touch-Screens, modernen Altersüberprüfungs-Modulen und flexiblen Zahlungsmodulen ausgestattet, ermöglichen die Automaten nun auch Rabatte und Gutscheine mittels QR- oder Zahlencodes. Auch als Rund-um-die-Uhr-Abholstation für im Voraus gekaufte Wein-Kartons kann der Automat dienen. Vom Chip-Mangel sind die Hersteller nach eigenen Angaben dank vorausschauender Lagerhaltung wenig betroffen, lediglich die zugekauften Zahlungsmodule bereiten zum Teil Lieferschwierigkeiten.
Großes Thema in der Etiketten-Branche sind die Lieferschwierigkeiten von bestimmten Materialien, allen voran von Etiketten-Trägerpapier. Finnische Produzenten sorgten mit monatelangen Arbeitsstreiks für erhebliche Verzögerungen bei Lieferungen in ganz Europa, von denen beinahe alle Etiketten-Hersteller betroffen sind. Aber auch andere Materialen bereiten Lieferschwierigkeiten: Die Bandbreite von bestimmten Materialien reicht von Vorbestellzeiten von bis zu acht Monaten bis hin zu kompletter Ungewissheit, wann das Material wieder geliefert werden kann. Neben Etiketten-Herstellern sind auch Produzenten von Verschlüssen von Lieferverzögerungen betroffen, hier liegt das Problem eher am Arbeitskräftemangel. Hersteller beider Branchen raten, möglichst frühzeitig den eigenen Bedarf zu evaluieren und zu bestellen.
Trotz der Schwierigkeiten entwickeln die Etiketten-
Hersteller weiter Neuheiten, die auch von Winzern angenommen werden. Unter den neuesten Trends etwa sind Etiketten-Rollen mit fortlaufenden Bildern oder Nummerierungen, Etiketten mit Lochung oder versetzt übereinander geklebte Etiketten. Wie auch in den vergangenen Jahren halten sich weiterhin Trends wie edle Prägungen, Sonderformen, starke Kontraste und strukturierte Materialien.
Auch das Glasangebot leidet unter Angebotsmangel bzw. stark gestiegenen Preisen: Die Gründe sind unterschiedlich: Die Konjunktur läuft wieder an, der Krieg in der Ukraine, Wannensanierungen, der Trend zum Glas … Mancher Winzer hat mit überschießenden Bestellungen reagiert und hortet große Mengen, was den Mangel verschärft. Kein rein österreichisches Problem.
Auch Werbeagenturen für Weinbaubetriebe waren vertreten. Die Nachfrage aus der Winzerschaft nach Marketing-Unterstützung ist im Steigen, vor allem die jüngeren Generationen können sich mit den Konzepten der Agenturen anfreunden. Großen Wert legen Letztere auf die Individualität der jeweiligen Weinbaubetriebe. In sämtlichen Aspekten, die von den Firmen umgesetzt werden, setzt man auf Ganzheitlichkeit und hohe Wiedererkennungswerte.
Die Vertreter der heimischen Ausbildungsmöglichkeiten in der Weinbranche präsentierten neben ihren Ausbildungsschwerpunkten auch aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung. Während Forschende der unterschiedlichen Einrichtungen auf der Messe-Bühne Vorträge hielten und so Einblicke in ihre aktuelle Arbeit gaben, informierten Lehrende und Schüler bzw. Studenten über die möglichen Ausbildungswege. Der Schwerpunkt der landwirtschaftlichen Fachschulen liegt in erster Linie auf der praktischen Ausbildung, die Schüler erzählten begeistert von Praxis-Projekten und Exkursionen im Rahmen des Unterrichts. Die HBLA Klosterneuburg setzt auch in der Ausbildung vermehrt auf die zukünftigen Herausforderungen der Branche, während die weinbaulichen akademischen Ausbildungsmöglichkeiten mehr und mehr auf die Internationalität ihrer Studien fokussieren.
Auch die Firmen der Softwarebranche nutzten das analoge Event, um ihre (Online-)Dienste zu präsentieren. Das Gros der anwesenden Anbieter kam aus Österreich und war auf den heimischen Weinmarkt spezialisiert. Fast ein Drittel der Aussteller ist von Deutschland aus angereist. Die Mannigfaltigkeit an verfügbaren Programmen ermöglicht die smarte Unterstützung der gesamten Wertschöpfungskette der Weinerzeugung. Digitale Kellerbücher,
Online-Produktions- und Exportplanung, Kundenverwaltung, Vollkostenrechnung im Weingarten, digitale Schlagkarteien, Schadensdokumentation, Aufgabenmanagement, GPS-Live-Tracking, Dokumentationshilfen und Krankheitsprognosen sind nur einige der vielen Beispiele, die dem Winzer seine tägliche Arbeit digital erleichtern. Und es kommt noch besser. Ein Zukunftsprojekt von Moosle ist es, die Traktorführung so zu optimieren, dass dem Fahrer, dank vieler gesammelter GPS- und Zeit-Daten, eine optimale Route im Weingarten berechnet und vorgeschlagen werden kann. Weitere Zukunftspläne verschiedener Anbieter betreffen die Bewertung der Traubengesundheit und -qualität per Photometrie. Die Softwarebranche hat gezeigt, dass die Möglichkeit einer ganzheitlichen Digitalisierung im Weingarten durchaus besteht und es trotzdem noch viel Potenzial nach oben gibt.
Kleines Fazit
Endlich wieder Messe mit persönlichen Begegnungen. Das Spektrum der Aussteller war bei der zweiten Ausgabe der Messe groß und wie üblich in Tulln auf die österreichischen Größenverhältnisse der Betriebe abgestimmt. Die Entwicklung schreitet punktuell voran. Immer mehr Maschinen und Geräte arbeiten direkt mit elektronischer Unterstützung. Gleichzeitig gibt es immer mehr Softwares, die Arbeiten im Betrieb begleiten und dokumentieren. Sensoren in den Weingärten helfen, die richtigen Entscheidungen beim Pflanzenschutz zu treffen. Wer sich die Zeit nahm, konnte neue Technik hautnah kennenlernen.
Ing. Rudolf Dietrich, Obmann vom Club Landtechnik Austria, resümierte durchwegs positiv den Messeverlauf. „Die Winzer hatten wieder die Möglichkeit, an einer Fachmesse teilzunehmen und die neuesten Produkte zu sehen und informative Gespräche zu führen“. Der Termin sei natürlich ein Kompromiss gewesen, doch „die Qualität der Gespräche und Kontakte war für die Aussteller sehr zufriedenstellend und sie sind zuversichtlich, im Anschluss auch erfolgreiche Verkaufsabschlüsse tätigen zu können“, so Dietrich.