LEITARTIKEL 06-2024

Weltweinbau rückläufig

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 10.06.2024 - 09:43
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Die Mitgliedsstaaten der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV). Die Situation des Weltweinbaus ist aus Sicht der OIV wenig erfreulich: Im Jahr 2023 stand der weltweite Weinsektor vor großen Herausforderungen. Mit historisch niedrigen Produktionsmengen und steigenden Preisen war das Jahr von anhaltenden Auswirkungen des globalen Inflationsdrucks geprägt, der 2022 begonnen hatte

Die Rebfläche des bei Weitem wichtigsten Weinplayers, der EU, ging um 0,8% auf 3,3 Mio. Hektar zurück. Die Ursachen sind vielfältig: der Klimawandel mit seinen Begleiterscheinungen wie Dürre, Hitze und Bränden auf der einen Seite sowie Spätfrösten, Starkregen, Hagel und damit einhergehend einem enormen Pilzdruck. Die angespannte Lage im Weinabsatz trägt natürlich auch zu diesem Rückgang bei. Dabei wird ein großer Teil der Rebflächen gar nicht zur Weinproduktion herangezogen, sondern dient der Traubensaft- und vor allem der Rosinenproduktion.

Weinkonsum sinkt

Aber auch die Weltweinernte selbst war im Jahr 2023 sehr gering, nämlich mit 237 Mio. Hektolitern die kleinste Weinernte seit 1961. Der Grund lag auch hier in besonders schwierigen Witterungsbedingungen im vergangenen Jahr. Trotzdem, und das ist eklatant, betrug der Weinkonsum in 2023 immer noch um 16 Millionen Hektoliter weniger als die Produktion, nämlich 221 Mio. Hektoliter. Denn auch der weltweite Weinkonsum ist langsam – aber doch stetig – rückläufig. Besonders betroffen vom Konsumrückgang sind die sogenannten entwickelten bzw. gesättigten Weinkonsumländer, speziell jene der Europäischen Union. Auch hier sind die Ursachen vielfältig: Der gesellschaftliche Konsens in den entwickelten Industrieländern besteht darin, weniger Alkohol zu trinken – aus beruflichen oder gesundheitlichen Überlegungen, aber auch zeitgeistigen Trends folgend. Nicht übersehen werden darf dabei auch, dass ein immer größerer Anteil der Bevölkerung Europas aus religiösen Gründen keinen Alkohol trinkt. Was den Zeitgeist betrifft, ist die Branche gefordert, dem geänderten Konsumverhalten vor allem der jungen Generation Rechnung zu tragen. Schlagwortartig ist dies:

  • Wachstum des Anteils am E- Commerce,
  • Weiß- und Schaumwein wird von der Jugend stärker nachgefragt,
  • Trend zu weniger Menge aber höherer Qualität (Premiumweine),
  • Weine ohne beziehungsweise mit weniger Alkohol werden zunehmen.

Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass andere Schienen keine Berechtigung mehr haben, aber es ist immer gut zu wissen, wohin der Markt sich tendenziell entwickeln wird.

Druck am Heimmarkt

Auch der heimische Markt ist von den internationalen Trends nicht ausgenommen. Die Winzer spüren, dass der Markt enger wird. Dazu kommt der allgemeine wirtschaftliche Druck aufgrund der inflationär hohen Produktionskosten der vergangenen Jahre. Die ÖWM versucht ebenfalls, auf die schwierige Situation zu reagieren und wird besondere, auch saisonale Schwerpunkte auf unseren wichtigsten Vertriebskanälen wie Lebensmittelhandel, Fachhandel und vor allem Gastronomie setzen. Wichtigstes Absatzventil neben dem Heimmarkt ist natürlich der Export. Viele wichtige Binnenmärkte werden dabei ähnlich dem Heimmarkt bearbeitet, aber wesentlich sind auch neue Märkte in Drittländern. Hier liegen noch viele Märkte brach und warten darauf, vom österreichischen Wein entdeckt zu werden. Eine tolle VieVinum, mit – dank der ÖWM – weit über 1.000 ausländischen Fachbesuchern, war dafür bereits der perfekte Start.