Mit rund 180.000 Hektar Weingärten trägt der Weinsektor in Portugal etwas mehr als zwei Prozent zum Bruttoinlandsprodukt Portugals bei und sichert so über 200.000 Arbeitsplätze im Land. Besonders in ländlichen Gebieten, wo der Weinbau eine zentrale Rolle spielt, hilft die Branche, Abwanderung zu verhindern. Jährlich werden im Land rund 7 Mio. Hektoliter Wein produziert, etwa dreimal so viel wie in Österreich. Auch international sind Portugals Weine beliebt, rund 3,2 Mio. Hektoliter werden jährlich exportiert – Tendenz steigend. Der größte Teil des Exports entfällt jedoch auf günstige Weine im Preissegment zwischen 2 und 4 Euro, während höherpreisige Weine im Ausland an Marktanteil verlieren. Zudem ist der Export von Portwein, Portugals traditionsreichstem Wein, in den letzten Jahren drastisch gesunken – im Jahr 2000 machten die Exporte noch 65% der Gesamtverkäufe aus, heute nur noch 28%.
Rückgang des Alkoholkonsums
Ein wachsendes Problem stellt auch in Portugal der sinkende Alkoholkonsum der jüngeren Generationen dar. Daten aus 2023 zeigen, dass rund die Hälfte der Generation Z den Alkoholkonsum als gesundheitsschädlich betrachtet. Junge Menschen neigen eher zu Cocktails und alkoholfreien Getränken, während Wein zunehmend als Getränk der älteren Generation wahrgenommen wird. Dazu kommen hohe Marketing-Investitionen der Spirituosenindustrie des Landes, die gezielt jüngere Konsumenten anspricht.
Import und Überproduktion
Ein weiteres Problem des portugiesischen Weinbaus sind sehr niedrige Preise für Trauben, die sich seit etwa 20 Jahren nicht verändert haben. Kleine Winzer verkaufen ihre Trauben zunehmend zu Dumpingpreisen oder geben ihre Weinberge auf. Darüber hinaus hat sich am Fassweinmarkt in Portugal der Trend etabliert, billigen Wein aus Spanien mit portugiesischem Tafelwein zu mischen, um noch günstiger produzieren zu können. Seit 2018 steigen in Portugal die Weinimporte, hauptsächlich Billigstwein aus Spanien legte zu. Langfristig schwächen solche billigen Weine jedoch das Image aller portugiesischen Weine, befürchten nationale Experten.
Große Sorgen verursachen der Weinbranche in Portugal auch Überschüsse in international bekannten Regionen wie Douro und Alentejo. Die portugiesische Regierung hat daher mit EU-Unterstützung ein Krisendestillationsprogramm aufgelegt. Gleichzeitig wird über eine mögliche Änderung der Portwein-Herstellung diskutiert, um diesen ausschließlich aus in der Region Douro erzeugtem Weinbrand zu produzieren.
Der Weg zu Qualität
Portugals Weinsektor steckt in einer Krise. Die starke Bindung des Weins an die Kultur und Wirtschaft des Landes können jedoch auch als Chancen genutzt werden. Die wachsenden Herausforderungen im Land – insbesondere der Rückgang des Weinkonsums, die niedrigen Traubenpreise und der Einfluss internationaler Märkte – machen strukturelle Reformen und eine klare Qualitätsstrategie notwendig. Trotz dieser Schwierigkeiten zeigen innovative Projekte, dass die Weinbranche auch in Portugal eine Zukunft hat. Junge Winzer und engagierte Vermarkter bemühen sich verstärkt um internationale Anerkennung. Sie setzen unter anderem auf die Förderung einheimischer Rebsorten und traditionsreicher Weinbaugebiete wie Vinho Verde oder Dão. Sie wollen zeigen, dass Portugals Weinsektor trotz der aktuellen Krise Potenzial für Wachstum und Weiterentwicklung hat. Der bei vielen jungen Winzern übliche verstärkte Fokus auf Qualität könnte das Land langfristig als Herkunft für hochwertige Weine etablieren, hoffen nationale Weinexperten.
Wesentliche Inhalte dem größten Nachrichtenmagazin Portugals „Visão“ entnommen, das der Weinkrise im Land im September einen Schwerpunkt gewidmet hat.